Netflix-Serie „Wednesday“: Piranha im Schwimmbecken
Von Philip Dulle
Der Tod hat immer Saison. Nicht nur im Leben, sondern besonders in der Popkultur. Diesbezüglich gibt es aktuell Nachschub in Serienform. Regisseur Tim Burton („The Nightmare Before Christmas“, „Ed Wood“) hat mit den Autoren Alfred Gough und Miles Millar die alte Gruselgeschichte der „Addams Family“, die ab 1938 im „New Yorker“ in Cartoon-Form, zwischen 1964 und 1966 als TV-Serie ihr Unwesen trieb, ins Hier und Jetzt gehoben und für die Generation TikTok neu aufbereitet. Im Zentrum der Netflix-Neuinterpretation: Wednesday Addams (großartig: Ex-Disney-Star Jenna Ortega), die Tochter der Monsterfamilie.
Wednesday ist der neueste Düster-Star im Streaming-Geschäft: Sie ist sozial unangepasst, zieht einen Friedhofsbesuch jeder Highschool-Party vor, und wenn es sein muss, wirft sie auch Piranhas ins Schwimmbecken ihrer Gegner. In ihrer Schule, der Nevermore Academy, ist sie der Weirdo unter den Außenseitern, während sie auf TikTok mit starken Zitaten und Tänzen zur Identifikationsfigur für ungewisse Zeiten wird. Denn Wednesday ist retroverliebt (Stichwort: #darkacademia) und in ihrem feministischen Denken und Handeln besonders gegenwärtig. Was wäre daran nicht zu lieben?
Das Besondere an der klassischen „Addams Family“ war, dass sie dem (US-amerikanischen) Familienidyll durch die Monster-Persiflage ein menschliches Antlitz verlieh. Heute feiert sie das Empowerment eines Teenagers und einer ganzen Generation. Mit ihrem feinen Zynismus und ihrem düsteren Blick auf die Welt, der im richtigen Moment an das Gute glaubt, ist „Wednesday“ die Serie der Stunde.
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