Neue Alben: Lana Del Rey, Julia Holter und Kurt Vile
Lana Del Rey: Honeymoon (Universal)
Wohl kein anderer Popstar lebt den Zwiespalt zwischen Kunst und Kommerz, Ästhetisierung und reiner Poplehre so intensiv aus wie Lana Del Rey. Die 30-jährige Noir-Sixties-Queen aus New York bringt die Ambivalenz aktueller Mainstream- und Indiemusik mit ihrem dritten Album nun wunderbar auf den Punkt. Ihre balladesken Nostalgie-Miniaturen, die nicht nur ungefähr an den etwas entrückten Glamour alter Hollywoodfilme erinnern, spult sie mittlerweile in routinierter Perfektion herunter. Die Frage, ob das noch authentisch ist, erübrigt sich bei Lana Del Rey: „Honeymoon“ spiegelt als Zitatfeuerwerk nur die aktuelle Popwelt wider; die Ästhetik wird zum Inhalt, die Instagram-Farben der kursierenden Fotos zeigen eine neue Natürlichkeit, in der sich nicht nur die tragische Heldin dieses Albums wiederfindet, sondern auch ihre Fans. In all ihrer Künstlichkeit ist Lana Del Rey der wahrscheinlich ehrlichste Popstar der Gegenwart. (7.8/10) Ph. D.
Julia Holter: Have You in My Wilderness (Domino)
Julia Holters viertes Album markiert einen Richtungswechsel. Die düster-sperrigen Lo-Fi-Pianostücke ihres 2013 erschienen L.A.-Noir-Albums „Loud City Song“ weichen auf „Have You in My Wilderness“ endgültig einem helleren Chansonpop. Sirenenhaft führt Holter durch ihren Großstadtdschungel; erzählt dabei kleine, assoziative Alltagsgeschichten, wildert musikalisch zwischen Ambient, Jazz, Elektro und New-Age-Versatzstücken und erreicht damit einen fast schon sakralen, schwebenden Zustand. Mit ihren zehn neuen Songs geriet Holter ein Klanglabyrinth, das sich erst öffnet, wenn man das Album am Stück auf sich wirken lässt. (9.0/10) Ph. D.
Kurt Vile: B’lieve I'm Goin Down... (Matador)
"On the brink of self-implosion, alone in a crowd on the corner, in my Walkman in a snow globe going nowhere slow." So nuschelt Kurt Vile auf seinem neuen Album unaufgeregt-verwundert dahin. Das gute Lied heißt "I am an Outlaw" und trifft auch auf die Rolle des Musikers aus Philadelphia zu. Vile fühlt sich immer noch am wohlsten, wenn er am Rande steht und die vorbeiziehenden Menschen und Gefühle beschreibt. Für sein sechstes Album dürfte er das großteils - so die ruhig-zurückhaltende Stimmung - in den Nachtstunden gemacht haben. Das schärft den Blick noch einmal, fokussiert die Erzählung. Und die Runden durch die späten Stunden stehen dem Outlaw gut. Mit einem trifft es Viles eigene Textzeile dann aber doch nicht: De gute Mann geht zwar slow, aber der Weg führt statt nowhere sicherlich nach somewhere. (8.2/10) S.W.