Neue Alben: SOHN, The Flaming Lips

Zwischen kalifornischer Sonne, Wien-Boboville und spacigen Klangabenteuern

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Flaming Lips – Oczy Mlody (Bella Union)

Nennen wir es Beharrlichkeit. Mastermind Wayne Coyne und seine Progressive-Knalltüten The Flaming Lips werden nicht müde, ihre spacigen Klangexperimente weiter Richtung Pophalleluja zu drehen. Dass das auch noch gut klingt, ist dir große Kunst der 1983 gegründeten Band. Mit „Oczy Mlody“, angeblich ihr 15. Studioalbum, läuft The Flaming Lips nun erneut zu jener musikalischen Hochform auf, in der schon ihr Referenzalbum „The Soft Bulletin“ (1999) entstanden war – um dennoch wieder alles anders zu machen: Die neuen Songs klingen derart aufwühlend, als seien sie in einer fiebrigen Session entstanden. Auf die Klangforscher aus Oklahoma ist auch 2017 noch Verlass. (7.8)

SOHN: Rennen (4AD)

Es ist ja kein Geheimnis: Wien ist ein Dorf, das man gut und gerne eine Zeitlang hinter sich lassen kann; vor allem wenn man als Musiker gerade an einer Schaffenskrise laboriert. Bis vor kurzem lebte und werkte der gebürtige Brite Toph Taylor alias SOHN noch in der Donaumetropole, bis er mit Frau, Kind und Leben nach Kalifornien übersiedelte. Dass sein neues Album „Rennen“ heißt, darf also als programmatischer Titel verstanden werden. Post-Dubstep und James-Blake-Versatzstücke, alles ganz gut und schön. Dennoch: Auch wenn SOHN die neuen Songs bereits in Kalifornien geschrieben und aufgenommen hat, klingt es noch immer nach einem Leben in Wien-Boboville, nach Altbauwohnung, Rennrad und Elektro-After-Work-Aufguss. „Rennen“ bleibt zwischen diesen beiden Welten hängen; will raus in die Welt und rein in die Wiener Hipsterbar, Weltkarriere und Lokalkolorit zugleich. Eines scheint sicher: SOHNs alte Wirkungsstätte wird die neuen Songs lieben. Das Konzert in der Wiener Arena ist bereits restlos ausverkauft. (6.1/10)

Philip Dulle

Philip Dulle

1983 in Kärnten geboren. Studium der Politikwissenschaft in Wien. Von 2009 bis 2024 Redakteur bei profil.