Neue Alben von Animal Collective und Big Thief: Bildet Banden!
Während die Pandemie langsam vor sich hin zerfasert, melden sich dieser Tage einige Künstler zurück (Spoon! Alt-J!), zu denen man früher noch in der Indie-Disco getanzt und geschunkelt hat. Das ist schön, wirft aber mindestens zwei Fragen auf: Befriedigen diese Bands, die in der letzten Dekade nicht nur an Relevanz, sondern auch an Dringlichkeit verloren haben, nur ein Nullerjahre-Nostalgie-Gefühl der Millennials? Und: Kann uns diese Musik noch etwas über das Hier & Heute erzählen? Während das New Yorker Animal Collective 2009 mit ihrer bunten und flirrenden Pop-Dekonstruktion „Merriweather Post Pavilion“ nicht nur ihr eigenes Publikum durchgerüttelt hat, kümmert man sich auf „Time Skiffs“ nun lieber um die Gegenwart zwischen Elternschaft und latenten Alltagssorgen: „I don't feel the urge to turn back time / I just begin“ heißt es im Song „We go back“. Auch nach elf Alben hört man hier keinen Anflug von Melancholie und Verklärung. Alles fließt, vor allem die Zeit.
Andere Indie-Baustelle, ähnliches Kreativkollektiv: Die Sängerin und Songwriterin Adrianne Lenker veröffentlicht mit ihrer Freundesbande Big Thief das märchenhafte Doppelalbum „Dragon New Warm Mountain I Believe In You“ und demonstriert in 20 Folkrock-Miniaturen, wie man die unzähmbaren Talente von vier gleichwertigen Musikern in ein Bandprojekt packt. Wir lernen: Die Zeit der Ego-Rockstars ist vorbei; man zieht hinaus in die Welt – und bildet Banden.
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