PREMIERE: Elena Tikhonova (g. l.) mit Schauspielteam

Oligarchen-Komödie "Kaviar"

Kinopopulismus mit Ibiza-Vorahnungsbonus: „Kaviar“ setzt alle Hebel der tiefergelegten Austro-Comedy in Bewegung.

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Als Wort des Jahres wird der Begriff „Oligarchennichte“ – nach dem preisgekrönten „Schweigekanzler“ 2018 – heuer vermutlich konkurrenzlos bleiben. Insofern ist es schade, dass ausgerechnet die betuchte russische Nichte, real oder fiktiv, in jener neuen Kinokomödie, die man „Kaviar“ nannte, fehlt. Doch einige unverhoffte Parallelen zur Causa Ibiza, die zum Zeitpunkt der Filmdreharbeiten noch gänzlich unbekannt war, sind unübersehbar. Versteckte Überwachungskameras, austro-russische Politqueleren und diverse Erpressungsszenarien verleihen der Spielhandlung ein wenig Aktualität.

Unmoralische Angebote

Ein steinreicher Russe (Mikhail Evlanov) setzt sich in den Kopf, die Wiener Schwedenbrücke nicht nur zu kaufen, sondern auch eine Villa für den Eigengebrauch draufzusetzen. Mit unmoralischen Angeboten erregt er Aufsehen bei einem kleinkalibrigen Geschäftsmann (Georg Friedrich), einem zwielichtigen Anwalt (Simon Schwarz) und einem eitlen Provinzpolitiker (Joseph Lorenz): Als potenziellem Investor zur Sanierung des Donaukanals stellt man ihm neben der Privatisierung der Brücke samt Baugenehmigung auch die österreichische Staatsbürgerschaft in Aussicht.

Alle Beteiligten agieren entweder mit maximaler Stupidität oder streng nach Klischee; das heitere Overacting dreht sich – den Konventionen des alten Verwechslungslustspiels folgend – um einen Koffer mit drei Millionen Euro Schmiergeld aus der Portokasse des Oligarchen. Die Exilrussin Elena Tikhonova, die mit „Elektro Moskva“ 2013 einen feinen Dokumentarfilm über Moskauer Synthesizerpioniere veröffentlichte, vollzieht mit „Kaviar“ jedenfalls den Spurwechsel in die Mainstream-Comedy.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.