Orgel-Mysterientheater: Die US-Komponistin Kali Malone gastiert in St. Pölten
Ein „spartenübergreifendes, sozial inklusives und ökologisch orientiertes Festival mit gesellschaftskritischem Ansatz“ verspricht die Leitung der am 30. April eröffnenden Tangente. Die Ambitionen sind also, man liest das schon, verhältnismäßig hochgesteckt. Am 2. Mai wird es im St. Pöltner Dom jedenfalls zu einem vermutlich denkwürdigen Ereignis kommen: Die aus Denver, Colorado, stammende Organistin und Elektroakustik-Komponistin Kali Malone, Jahrgang 1994, wird in dem 400 Jahre alten Sakralgebäude die Programmschiene „Orgel experimentell“ aus der Taufe heben, zu der am 4. Juli ihr Kollege John Zorn ebenfalls einen Beitrag liefern wird – unter dem Titel „The Hermetic Organ“.
Tatsächlich ist die Kirchenorgel nicht nur das monumentalste aller Instrumente, sondern auch das klanglich überwältigendste. Die Unesco hat Orgelmusik und Orgelbau 2017 zum Immateriellen Kulturerbe erklärt. Kali Malone fühlt sich diesem gewaltigen Instrument, dessen Prinzip vor mehr als 2200 Jahren erdacht wurde, eng verbunden. Seit 2012 lebt Malone in Stockholm, wo sie elektroakustische Kompositionslehre studiert hat. Mit einer Arbeit über Frequenzverhältnisse und Reine Stimmung schloss sie ihre Studien ab. 2016 gründete sie mit einer Reihe geistes- und klangverwandter Kreativer das Label XKatedral. Zwei Jahre lang arbeitete sie als Orgelstimmerin und -reparateurin, verfiel der ganz eigenen Harmonik des Aerophons. Malone ist keine ausgebildete Organistin, sie nähert sich diesem Instrument über ihr Wissen in generativen und algorithmischen Kompositionstechniken.