Oskar Werner: "Angerufen wie ein Callgirl"
Die eigenwillige Intonation allein macht ihn denkwürdig - dieses (im Film) musikalisch verschleppte, gemurmelte, bisweilen (im Theater) aber auch zu heftigem Pathos auffahrende Sprechen. Oskar Werner, als Oskar Josef Bschließmayer vor bald 95 Jahren in Wien geboren, erregt ab den 1940er-Jahren, erst am Burgtheater, dann im Kino, bald auch international Aufsehen. Für François Truffaut, mit dem er sich wenige Jahre später überwerfen wird, spielt er 1962 neben Jeanne Moreau und Henri Serre die berühmteste Ménage à trois der Nouvelle Vague durch - als Jules, Jims Konkurrent um die Gunst der wilden Catherine. Werner bleibt wählerisch, keine 20 Hauptrollen spielt er im Kino, seine letzte bereits 1976. Im Oktober 1984, depressiv und alkoholkrank, erliegt er, erst 61-jährig, einer Herzattacke.
Angeekelter Skeptiker
Zwei neue DVDs (sowie eine BluRay des US-Klassikers "Das Narrenschiff“, 1965) zeichnen nun das Bild des Künstlers nach; die eine birgt das zarte britische Sixties-Melodram "Zwischenspiel“, in dem Werner einen Stardirigenten auf amourösen Abwegen spielt. Zwei seltene dokumentarische Annäherungen birgt die andere Disc: Oskar Werner, einmal alert, in der Hochblüte seiner Karriere (in "Ansichten eines Schauspielers“, 1967), einmal kurz vor dem Ende, im März 1984, zerzaust, mit müdem Blick, vom Alkohol verwüstet (in "Ich durfte am Tisch der Götter sitzen“). Der ältere Film ist der spannendere, offenere: Er zeigt einen Skeptiker, einen klassisch Gebildeten, der sich - angeekelt von den Verhältnissen, rauchend, trinkend, erzählend - an seine Krisen erinnert und an sein Unglück als Schauspieler in den 1960er-Jahren: "Man wird heute angerufen von der Television wie ein Callgirl.“ Nahaufnahmen eines Unbestechlichen.