Peter Handke: Narren unter sich
Das Spiel vom Fragen durchzieht viele der Bücher Peter Handkes. Ein Wandersmann, unterwegs in Welt- und Selbstbefragung: So ließe sich ein schnelles Bild des Literaturnobelpreisträgers 2019 zeichnen. Nicht jede Frage schreit bei diesem Autor nach einer Antwort. Aber jede Antwort löst neue Fragen aus. So auch in "Zwiegespräch", dem jüngsten Handke-Band: 60 Seiten voller Rede und Gegenrede, offenbar geführt von zwei "Narren", wobei der eine den anderen an Redseligkeit weitaus übertrifft. Ein Gauklergespräch, das auf den Verlust der Eindeutigkeit abzielt: Es gibt in "Zwiegespräch" kein fest umrissenes Thema, auf das alles zuliefe, schon gar keine Message!
"Zwiegespräch" ist eine schöne Mischung aus Kindheitserinnerungen an lärmende Hornissennester und Zornausbrüche ("Schluss mit dem Theater!"),aus Selbstironischem("Wortklaubkrankheit")und Schnurrigem ("Ja, spielen wir. Ahoi. La Paloma."). In kreiselnder Erzählbewegung nähert sich Handke, 79, seinen Sujets im Allgemeinen und im Besonderen - wie etwa die Großväter mit Hurra-Gebrüll in den Ersten Weltkrieg gezogen sind und deren Söhne ab 1939 auf den Schlachtfeldern ihr junges Leben ließen. Wie einsam und langsam das Sterben des Großvaters war: "Und in den letzten Tagen noch das Fliegenspiel", schreibt Handke: "Mit dem Hin und Her, Kreuz und Quer, Starten und Landen einer bestimmten, einer besonderen, kleinwinzigen, ihn zart kitzelnden Fliege auf seinem Handrücken."Gegen Ende kehrt Handke in "Zwiegespräch" an seine Schreibanfänge zurück. Für wen diese Geschichte denn ergiebig sei, so lautet eine der Fragen: "Für den, den's angeht." Bereits 1977 gab der Autor seinem Journalband "Das Gewicht der Welt" dasselbe Motto mit auf den Weg.
Peter Handke: Zwiegespräch. Suhrkamp, 67 S., EUR 18,50