Autorin Pellini im Bregenzer Strandbad
Roman

„Der Bademeister ohne Himmel“: Kleine Anatomie eines Bestsellers

Mit ihrem Debütroman „Der Bademeister ohne Himmel“ landete die Vorarlberger Autorin Petra Pellini einen Überraschungserfolg.

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Hubert und seine vielen Gesichter: mal verdatterter Clown, mal Häufchen Elend. Den aufgetischten Holunderblütensaft quittiert der Patient mit fortschreitender Demenz in Petra Pellinis Romandebüt „Der Bademeister ohne Himmel“ mit den Worten: „Danke für den Durst.“ Die Haarbürste, die ihm seine halbwüchsige Helferin Linda in die Hand drückt, will er dem Mann im Badezimmerspiegel reichen. „Gäbe es eine Leistungsbeurteilung für Demente, wäre Hubert Klassenbester“, schreibt Pellini. „Er hat vergessen, wie man Besteck benutzt und dass man sein Essen isst, wenn es einem vor die Nase gestellt wird.“ Huberts Tage erschöpfen sich darin, dass er Walnusshälften auf dem Küchentisch platziert und sein Altherrenstofftaschentuch darüber ausbreitet. Oft zeichnet er Kreise auf Zeitungspapier. Bald gelingt es ihm nicht mehr, den Kopf in den Nacken zu legen, um den Himmel zu sehen. Huberts einstige Existenz, himmelweit weg.

Seine Krankheit böte genug Stoff für eine überfrachtete Sentimentalitätsoper, für jedes denkbare Stereotyp. Petra Pellini nähert sich diesem Leben, das einer ganz eigenen Logik gehorcht, in ihrem Roman mit Feingefühl und Respekt. Es geht auch um die Frage, was ein junger Mensch aus seinem Leben macht – und welche Verheerungen die späten Jahre für die Kranken und Todkranken bereithalten.

Wolfgang   Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.