Planlos in Glasgow: Das neue Mogwai-Album "As the Love Continues"
Interviews werden auch nach einem Vierteljahrhundert im Musikgeschäft nicht einfacher. Obwohl: Ein bloßes Business war Musik für die schottische Postrock-Band Mogwai nie. Gitarrist Stuart Braithwaite liegt auf seiner Couch in Glasgow, gähnt in sein Handy und möchte eigentlich nur faulenzen und mit seinem Hund spielen. Der Anruf aus Wien kommt ungelegen, über das neue Album gibt der 44-Jährige dennoch geduldig Auskunft.
Die Aufnahmen zu „As the Love Continues“ wollte die Band eigentlich in den USA anfertigen, erzählt Braithwaite. Dann kam das Virus – und die vier Musiker zogen sich in ein einsames Landhaus im englischen Worcestershire zurück. Auf dem zehnten Mogwai-Album sind jedoch weder Einsamkeit noch Corona-Müdigkeit zu hören: „Die Songs sollen den Menschen gut tun“, sagt Braithwaite, der keine Lust hat, sich von der Pandemie zu sehr verunsichern zu lassen. Mogwai, deren Sound seit 1995 zwischen düsteren Gitarren-Exkursen und Ambient-Experimenten changiert, haben sich stets als Gegenpol zum Britpop verstanden und geben sich 2021 zugänglich und uplifting.
„Im letzten Jahr haben wir alle gesehen, wie wichtig Kunst für unser Leben ist“, sagt der Musiker im profil-Gespräch. Ohne diesen Austausch sei eine Gesellschaft nicht denkbar. „Unsere Musik funktioniert wie ein Seismograf, sie versucht, lose Punkte zu verbinden“. Einen Plan hätte die Band allerdings nie gehabt. Dennoch folgen die elf Lieder auf „As the Love Continues“ der bekannten Mogwai-Struktur; sie bauen sich auf, ziehen am Höhepunkt den Hörer in einen emotionalen Strudel, ehe sie wie eine Welle abklingen.
Nachdenklich wird Stuart Braithwaite, wenn man ihn auf die Single „Ritchie Sacramento“, eine der wenigen Mogwai-Kompositionen mit Gesang, anspricht. „Den Song widmen wir verstorbenen Musikerkollegen.“ Es sei wichtig und heilsam, sich die Menschen, die einen über die Jahre begleitet haben, in Erinnerung zu behalten.
Für die Band, die auch Arbeiten für Filmsoundtracks veröffentlicht, ist die Covid-Ära allerdings kein Wandel, nur eine kleine Zäsur. Konzerte, so glaubt Braithwaite, werden wieder normal stattfinden können, wenn es die Impfung für alle gibt. Angesprochen auf die zweite große Katastrophe der vergangenen Jahre, den Brexit, verdreht Braithwaite nur die Augen. Eigentlich wolle er über diese Dummheit gar nicht mehr reden, sagt er, aber vielleicht komme dadurch die Unabhängigkeit Schottlands früher als gedacht: „Dann hätte dieses ganze Chaos doch noch ein gutes Ende.“
Mogwai: As he Love Continues (PIAS) erscheint am 19. Februar. Am 13. Februar spielt die Band eine Release-Show in Glasgow via Live-Stream.