Protest gegen Spotify: Nullkommanichts
Zählen Sie jetzt bitte bis 30. Exakt so viele Sekunden muss ein Lied bei Spotify angespielt werden, damit es als Stream gezählt und gewertet wird. Erst nach einer halben Minute wird der Klick zu Geld – und das ist wahrlich nicht viel. Gerade 0,004 Euro werden vom schwedischen Streaming-Giganten und Marktführer derzeit pro Abruf an Tantiemen gezahlt; vor allem für kleinere Bands und Musiker:innen ist das keine Überlebensstrategie.
Die Folge für das Musikgeschäft: Die Streaming-Millionen konzentrieren sich auf wenige Musikschaffende und globale Plattenfirmen, während sich das Bezahlmodell direkt auf die Kunst auswirkt. Immer mehr Kreative veröffentlichen immer kürzere Songs, um mehr Streams lukrieren zu können. Der Berliner Künstler und Musiker Valentin Hansen protestiert nun gegen diesen Trend und zerstückelt die acht Tracks seines Debütalbums in 30 Songbausteine, die alle exakt nur 29 Sekunden lang sind; ein im besten Sinne „wertloses“ Album. Anhören sollte man das Protestwerk dennoch. Denn: Der wunderbar verhallte Elektropop, der auf „Crisis (The Worthless Album)“ verhandelt wird, lässt sich ohnehin nicht monetarisieren. Der 26-Jährige verliert sich lieber in hauntologischen Beats, spielt mit Dreamwave und hypnotischer Rhythmik und erzählt von einer Lebenskrise, aber auch vom Überleben („Survive“), vom Ausbrechen („Fast Cars“) und von der Zeit nach dem Zusammenbruch („Happyland“) – die Musik erscheint als Metapher einer Auferstehung. Es bleibt nur zu hoffen, dass dieser hörenswerte Prank doch noch auf Vinyl erscheint.
Jetzt auf Spotify: Die Songs der Woche von Lena Leibetseder und Philip Dulle in der Aufgedreht-Playlist. Jeden Freitag neu.