Interview

Pussy-Riot-Gründerin Nadya Tolokonnikova: „Würde Putin gerne einäschern“

Nadya Tolokonnikova, Gründerin der russischen Dissidenz-Punktruppe Pussy Riot, wird in Linz gerade mit ihrer ersten musealen Solo-Show geehrt. profil traf die Künstlerin, um mit ihr über Polizeigewalt, geklaute Sturmhauben und Wladimir Putin als "Magnet für Arschlöcher" zu sprechen.

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Ein gigantisches Messer mit plüschrotem Griff hängt von der Decke, ein Damoklesschwert, das die politische Repression in Russland visualisieren will. 

Die Konzeptkünstlerin Nadezhda Andreyevna – genannt Nadya – Tolokonnikova, hat das Objekt erdacht, und sie weiß, wovon sie damit spricht. Die 34-Jährige steht auf der Liste der meistgesuchten Personen Russlands, hat 21 Monate Lagerhaft hinter sich, wurde drangsaliert und attackiert – und gehört als Mitgründerin des feministischen Kollektivs Pussy Riot zu den bekanntesten Gesichtern des Widerstands gegen Russlands Autokraten Wladimir Putin. 

Im Linzer OK Centrum, im Offenen Kulturhaus der Stadt, findet nun auf zwei Etagen die weltweit erste museale Solo-Show der Arbeit Nadya Tolokonnikovas statt. „Rage“ heißt die Ausstellung (kuratiert von Michaela Seiser und Julia Staudach, zu sehen ab sofort bis 20.10.), die vom unerschrockenen Kampf gegen Einschüchterung und Kriminalisierung staatskritischer Kunst zeugt. Eine Rekonstruktion der Gefängniszelle, in die man Tolokonnikova einst verfrachtet und zu Zwangsarbeit gezwungen hatte, findet sich hier ebenso wie private Dokumente, Gefängnispost, Zeichnungen ihrer damals kleinen Tochter, Kalligrafien, Siebdrucke und Videoinstallationen diverser Aktionen.

Eine davon trägt den Titel „Putin’s Ashes“: eine Art Mausoleum, in dem in kleinen Phiolen die graue Asche eines Putin-Porträts ausgestellt wird; ein Video zeigt dessen rituelle Verbrennung 2023 in der Wüste von Nevada, inszeniert von Tolokonnikova und Mitstreiterinnen aus Weißrussland, der Ukraine und Russland. 

2007 bereits schloss sich Nadya Tolokonnikova ihrem ersten Kunstkollektiv, das Woina hieß, an, so habe sie „schon als 15-, 16-jähriges Baby mit Kunst hantiert“, man könne also sagen: „mein ganzes Leben“, erklärt die Künstlerin im profil-Gespräch. Ihr berühmtes Projekt, das sie Pussy Riot genannt hat, ist inzwischen  zu einem globalen, weit offenen Unternehmen gereift.
 

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.

Wolfgang   Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.