Kino

Regisseurin Kurdwin Ayub: „Bin auch ein Produkt der sozialen Medien“

Die Wiener Regie-Hoffnung Kurdwin Ayub verwandelt in ihrem zweiten Spielfilm ein Sozialdrama unmerklich in einen Thriller. Ein Gespräch über starke Frauen, weiße Retter und seidene Unterwäsche.

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Eine Kämpferin geht zu Boden. Nach ein paar Niederlagen und inmitten einer persönlichen Krise stößt die Mixed-Martial-Arts-Sportlerin Sarah auf ein verlockendes Angebot, das ihre Finanzprobleme lösen könnte. Sie bewirbt sich als Trainerin im Nahen Osten, wo reiche Eltern ihren Töchtern gern westliche Ausbilderinnen zur Seite stellen – und sie wird engagiert. In einer palastähnlichen Villa geht die scheue Sarah schließlich ans Werk; bis sie merkt, dass in diesem Haus etwas faul ist.

Die Wiener Künstlerin Florentina Holzinger, als Radikal-Performerin und Choreografin bekannt, gestaltet in dem Film „Mond“ ihre erste Kinohauptrolle mit Konzentration und innerer Spannung, fast schon zurückhaltend. Ihre Regisseurin, die im Irak geborene, in Österreich aufgewachsene Kurdwin Ayub, 34, zählt seit ihrem Debüt, das sie 2022 „Sonne“ genannt hat, zu den Hoffnungsträgerinnen des neuen österreichischen Films. Beim Festival in Locarno erhielt sie für „Mond“ im vergangenen Sommer einen der Hauptpreise. Der umjubelten Österreich-Premiere bei der Viennale folgt nun unmittelbar der Kinostart: Ab 31. Oktober wird das von Ulrich Seidl produzierte Werk ohne Festival-Termindruck zu besichtigen sein.

Die kommenden Monate werden für Kurdwin Ayub turbulent. Ihr auf Festivalwelttournee befindlicher Film wird unter anderem nach Polen, Spanien und Belgien reisen, die arabische Premiere in Saudiarabien stattfinden. Da müsse sie natürlich hin, sagt sie in typisch lakonischer Manier, während sie in der Bar des Wiener Marriott-Hotels Platz nimmt, das hervorragend zu den anonymen Luxushotelszenerien in ihrem neuen Film passt – und wo auch das große Foto rechts entstand. Ayubs gewissermaßen kosmische Karriere ist vorgezeichnet: von der „Sonne“ zum „Mond“ – und weiter zu den „Sternen“, wie ihr nächster Film, wenn nicht alles täuscht, wohl heißen wird.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.