Salzburger Festspiele feuern Schauspielchefin: Was steckt dahinter?
Am gestrigen Donnerstagnachmittag rauschte eine bedenkliche Meldung per Elektro-Eilpost in die Kulturredaktionen dieses Landes: Die Pressestelle der Salzburger Festspiele gab darin in dürren Worten bekannt, dass man den Vertrag (und das Dienstverhältnis mit) der erst in diesem Sommer angetretenen Schauspieldirektorin Marina Davydova „mit sofortiger Wirkung aufgelöst“ habe.
Die 58-jährige Exil-Russin sei „infolge von Verstößen gegen vertragliche Dienstpflichten, insbesondere durch die weder angezeigte noch genehmigte Tätigkeit bei einem Berliner Theaterfestival“ entlassen worden. Die Beschlussfassung des Direktoriums, das aus Festspielpräsidentin Kristina Hammer, dem Intendanten Markus Hinterhäuser und dem Geschäftsführer Lukas Crepaz besteht, wurde dem Kuratorium, in dem mehrere Juristen arbeiten, vorgelegt und von diesem befürwortet. Das Direktorium der Salzburger Festspiele bedauere „diese Entwicklung außerordentlich“.
Der zentrale Hintergrund des Zerwürfnisses sind Davydovas Aktivitäten für das in Berlin gerade über die Bühne gegangene, vierwöchige Performance- und Kunstfestival „Voices“, das sich auf Stimmen vertriebener Kunstschaffender aus der ehemaligen Sowjetunion konzentriert und dessen Leitung Davydova gemeinsam mit Sergej Newski übernommen hatte; auch als Dramatikerin wurde sie in Berlin mit einer Lesung gewürdigt. Bei den Festspielen war man erst vor zwei Tagen auf Davydovas Berlin-Tätigkeit aufmerksam geworden. An einen Vertrag, der die Schauspielchefin naturgemäß exklusiv an die Festspiele gebunden hat, habe man sich zu halten, erklärt Markus Hinterhäuser auf profil-Nachfrage, durchaus entnervt. Für ihn persönlich sei dies „ein großer Schmerz“, er habe Davydova ja zu den Festspielen geholt. Gerüchte, er sei von ihrem – im Feuilleton auch arg zerzausten – Salzburger Theaterprogramm enttäuscht gewesen, weist Hinterhäuser brüsk zurück. Das sei in diesem Zusammenhang „völlig irrelevant“.
Tatsächlich aber muss die Stimmung im Führungsteam der Festspiele länger schon angeschlagen gewesen sein. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" hatte Davydova im August von einer "deutlich geringeren Risikobereitschaft aufgrund der engen Rahmenbedingungen und Vorgaben" gesprochen. Zudem, so die Kuratorin weiter, verstehe sie "wirklich nicht, wie man die Forderung, die Aufführungen hauptsächlich auf Deutsch zu halten, mit dem Gedanken der Internationalisierung vereinbaren kann". Und der ORF zitierte ein Posting Davydovas, das sie am 27. November eröffentlicht hatte, in dem sie beklagte, dass sie ihren Geburtstag nun "in langweiligen Meetings im Büro Salzburg verbringen werde". Immerhin damit ist es nun vorbei.