Kulturtipp

Empfindsame Maschinen: zum neuen Album der Wiener Musikerin Rent

Mit „Kill a Phantom“ hat die Wiener Noise-Künstlerin Katrin Euller (alias Rent) nun ihr zweites Album veröffentlicht, das Stefan Grissemann nur empfehlen kann.

Drucken

Schriftgröße

Als Live-Musikerin, ob solo oder mit der Band EAERES, ist Katrin Euller in Österreichs Sound-Experimentszene keine Unbekannte mehr. Unter dem Pseudonym Rent feiert sie die Melancholie kollabierender Schaltkreise und den verlangsamten Puls empfindsamer Maschinen, beschwört die Finsternis analog und digital erzeugter elektronischer Klanglandschaften.
Bei Dorit Margreiter hat die Ökologin Euller an der Wiener Akademie der bildenden Künste ein zweites Studium absolviert, und tatsächlich mischen sich in ihrem Schaffen akustische und videokünstlerische Wagnisse sowie ein dringendes, auch über Field Recordings manifestiertes Interesse an Ökosystemen. 

„Kill a Phantom“ nennt sich das – nach der Kassettenproduktion „As Cold as Sunlight“ (2023) zweite Album der Künstlerin, herausgegeben von dem experimentierlüsternen Wiener Label Ventil Records; es ist wahlweise als Vinyl oder digitaler Download erhältlich und umfasst sechs dicht gesponnene Instrumentalstücke, die präzise koordinierte, vor sich hin gärende und schwelende Stimmungen aufweisen – nachzuhören auf der Bandcamp-Seite der Musikerin (https://rent-music.bandcamp.com/album/kill-a-phantom). Die rauen, beständig mutierenden Texturen scheinen die Improvisationsprozesse ihrer Entstehung betonen zu wollen. Unter all dem organisierten Lärm, hinter der Nervosität der leise pochenden Beats glimmen jedoch sehnsüchtige Melodiefragmente, branden da und dort geradezu ozeanische Pathosschübe auf.

Das Mastering dieser sechs Tracks besorgte übrigens der Berliner Toningenieur Rashad Becker, eine in seinem Feld international gesuchte Koryphäe. „Kill a Phantom“ bietet großes Klangkino, das – seiner maschinellen Abkunft zum Trotz – sehr emotional, in seiner körperlichen Zuspitzung letztlich hochdramatisch wirkt. Der Exorzismus der Trugbilder, die uns zusetzen, läuft.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.