Xavier Dolans "Einfach das Ende der Welt"

Unsere Lieben: Neue Filme von Whit Stillman und Xavier Dolan

Passend zu den Fest- und Feiertagen: In den verspielten neuen Filmen von Whit Stillman und Xavier Dolan werden familiäre Tragikomödien durchexerziert.

Drucken

Schriftgröße

Als heiter empfindet der schadenfrohe Zeitgenosse die Hysterien und tragikomischen Verstrickungen, die sich im Kreise nicht ganz funktionaler Familien üblicherweise ergeben. Zwei neue Filme, deren Österreich-Starts in die Woche zwischen Weihnachtsabend und Neujahr fallen, erforschen nun familiäre Dynamiken – einmal in historischer Ausstattung, einmal in Gegenwartskostümen.

Der hyperproduktive kanadische Jungregisseur Xavier Dolan, 28, geht in „Einfach das Ende der Welt“, seinem bereits sechsten Spielfilm, dieser Frage nach. Und der Amerikaner Whit Stillman, 64, nähert sich mit „Love & Friendship“ einem sehr britischen Stoff: Jane Austens Briefroman „Lady Susan“ detailliert das Intrigenspiel einer lebenslustigen Witwe (Kate Beckinsale), die sich und ihre Tochter gewinnbringend zu verheiraten sucht.

Extrem verspielt geben sich beide Inszenierungen; während aber Stillman auf betont theatrale Zuspitzung und ein paar spleenige formale Ablenkungen – etwa auf stummfilmsprachliche Intermezzi – setzt, traut sich Dolan Wilderes, Melodramatischeres zu: Ein todkranker junger Mann (Gaspard Ulliel) besucht nach Jahren der Abwesenheit seine Familie, mit der er eigentlich gebrochen hat. Die triste Zusammenkunft unglücklicher Menschen hat erzählerische Schwächen, ist aber von hoher Absurdität, gespielt von Superstars wie Marion Cotillard, Léa Seydoux, Nathalie Baye und einem lustvoll chargierenden Vincent Cassel. Zwei Kinokammerspiele, ein Paradies der Manierismen.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.