Filmprofessur gestrichen: An der Wiener Angewandten wächst der Unmut
Kunststudium ohne Film- und Medienprofessur? Petra Schaper Rinkel, die seit Herbst amtierende Rektorin an der Wiener Angewandten, nimmt zu den Vorwürfen erstmals Stellung.
An der Wiener Universität für Angewandte Kunst gärt es gegenwärtig. Seit ein paar Wochen kursiert eine Petition, in der die HochschülerInnenschaft der Angewandten in deutlichen Worten gegen die Nicht-Nachbesetzung der Professur für Film- und Medienwissenschaft protestiert. Professorin Gabriele Jutz muss Ende September in Pension gehen, sie hatte die einzige theoretische Bewegtbildprofessur am Haus; ihrem Ansinnen, zwei weitere Jahre im Amt zu bleiben, wurde nicht entsprochen.
Petra Schaper Rinkel, seit Herbst 2023 als Nachfolgerin Gerald Basts Rektorin an der Angewandten, kommentiert das Auslaufen der Filmprofessur auf profil-Anfrage so: Dieser Beschluss sei nicht von ihr und ihrem Rektorat gefällt worden. Das Auslaufen dieser Stelle sei bereits 2020 im damaligen Entwicklungsplan festgehalten worden. „Wir haben eine Professur für Medientheorie, Lehrstuhlinhaber ist seit 2021 Clemens Apprich. In der Abteilung Medientheorie wird weiterhin der Bereich Bewegtbild abgedeckt, wobei das Thema auch in anderen Abteilungen, etwa in der Klasse für Fotografie, der Klasse Design und narrative Medien oder den Transkulturellen Studien zeitgemäß verankert ist. Wenn wir uns in Zukunft mit algorithmischen Systemen befassen, wird Bewegtbild naturgemäß ein zentrales Thema sein.“
Von „Abdecken“ könne nicht die Rede sein, hält Gabriele Jutz der Rektorin entgegen. Apprichs Team werde ab kommendem Semester vermutlich aus nur einer Assistenz-Teilzeitstelle und einigen wenigen externen Lehraufträgen bestehen. Und: Die genannten Klassen seien (bis auf die Transkulturellen Studien) „künstlerische Studienrichtungen, die ihrerseits Bedarf an Theorie anmelden“.
An der Angewandten sind die Fächer Malerei, Skulptur, Architektur, Fotografie, Design und Grafik zu belegen. Film findet man dort nur noch implizit. Dies erscheint, gerade angesichts einer seit Jahrzehnten international konkurrenzfähigen Experimentalfilmszene in Österreich, ein wenig unverständlich. „Der Beschluss, die Stelle von Frau Jutz auslaufen zu lassen, wurde unter Gerald Bast und dem damaligen Senat gefällt“, konkretisiert Schaper Rinkel. „Es gab für dieses Thema, in dem Frau Jutz ihre Verdienste hat, keinen Lehrstuhl oder eine Klasse. Sie war eine Vertragsbedienstete, die zur Assoziierten Professorin gemacht worden war. Diese Stelle läuft aus.“ Würde man sie nachbesetzen, „müssten wir andere Schwerpunkte und Angebote, die den Studierenden auch wichtig sind, streichen, denn ein Wachstum der Universitäten ist im Augenblick vonseiten des Ministeriums nicht vorgesehen. Unser Motto lautet ja: ,Zukunft öffnen’. Das muss auch mit jüngeren KünstlerInnen und ForscherInnen verbunden sein. Unsere Angebote werden sich nach den heutigen künstlerischen Praktiken ausrichten, nach dem, was in Zukunft Avantgarde sein wird.“
Schaper Rinkels Bekenntnis zur „zeitgemäßen Form“ zweifelt Jutz an: „Brauchen wir keine Geschichte des Bewegtbilds mehr? Warum wäre eine theoretische Auseinandersetzung mit Film, Video, Expanded Cinema und experimentellen Filmformen ,unzeitgemäß’?“ Sie verwehre sich „entschieden dagegen, das Fach der Film- und Medienwissenschaft für obsolet zu erklären“. Es sei äußerst bedenklich, längst überholt und auch simplistisch, lediglich das „Neue“ als zukunftsweisend zu betrachten.
Petra Schaper Rinkel, seit Herbst 2023 als Nachfolgerin Gerald Basts Rektorin an der Angewandten, kommentiert das Auslaufen der Filmprofessur auf profil-Anfrage so: Dieser Beschluss sei nicht von ihr und ihrem Rektorat gefällt worden. Das Auslaufen dieser Stelle sei bereits 2020 im damaligen Entwicklungsplan festgehalten worden. „Wir haben eine Professur für Medientheorie, Lehrstuhlinhaber ist seit 2021 Clemens Apprich. In der Abteilung Medientheorie wird weiterhin der Bereich Bewegtbild abgedeckt, wobei das Thema auch in anderen Abteilungen, etwa in der Klasse für Fotografie, der Klasse Design und narrative Medien oder den Transkulturellen Studien zeitgemäß verankert ist. Wenn wir uns in Zukunft mit algorithmischen Systemen befassen, wird Bewegtbild naturgemäß ein zentrales Thema sein.“
Von „Abdecken“ könne nicht die Rede sein, hält Gabriele Jutz der Rektorin entgegen. Apprichs Team werde ab kommendem Semester vermutlich aus nur einer Assistenz-Teilzeitstelle und einigen wenigen externen Lehraufträgen bestehen. Und: Die genannten Klassen seien (bis auf die Transkulturellen Studien) „künstlerische Studienrichtungen, die ihrerseits Bedarf an Theorie anmelden“.
An der Angewandten sind die Fächer Malerei, Skulptur, Architektur, Fotografie, Design und Grafik zu belegen. Film findet man dort nur noch implizit. Dies erscheint, gerade angesichts einer seit Jahrzehnten international konkurrenzfähigen Experimentalfilmszene in Österreich, ein wenig unverständlich. „Der Beschluss, die Stelle von Frau Jutz auslaufen zu lassen, wurde unter Gerald Bast und dem damaligen Senat gefällt“, konkretisiert Schaper Rinkel. „Es gab für dieses Thema, in dem Frau Jutz ihre Verdienste hat, keinen Lehrstuhl oder eine Klasse. Sie war eine Vertragsbedienstete, die zur Assoziierten Professorin gemacht worden war. Diese Stelle läuft aus.“ Würde man sie nachbesetzen, „müssten wir andere Schwerpunkte und Angebote, die den Studierenden auch wichtig sind, streichen, denn ein Wachstum der Universitäten ist im Augenblick vonseiten des Ministeriums nicht vorgesehen. Unser Motto lautet ja: ,Zukunft öffnen’. Das muss auch mit jüngeren KünstlerInnen und ForscherInnen verbunden sein. Unsere Angebote werden sich nach den heutigen künstlerischen Praktiken ausrichten, nach dem, was in Zukunft Avantgarde sein wird.“
Schaper Rinkels Bekenntnis zur „zeitgemäßen Form“ zweifelt Jutz an: „Brauchen wir keine Geschichte des Bewegtbilds mehr? Warum wäre eine theoretische Auseinandersetzung mit Film, Video, Expanded Cinema und experimentellen Filmformen ,unzeitgemäß’?“ Sie verwehre sich „entschieden dagegen, das Fach der Film- und Medienwissenschaft für obsolet zu erklären“. Es sei äußerst bedenklich, längst überholt und auch simplistisch, lediglich das „Neue“ als zukunftsweisend zu betrachten.
Drei KI-Professuren hat Schaper Rinkel angekündigt. „Unsere Studierenden gehen völlig selbstverständlich mit KI-Tools um. Wir bauen ja keine KI-Professuren im technischen Bereich auf, sondern denken aus den Künsten heraus. Es wird um einen experimentellen Umgang mit algorithmischen Systemen gehen – und damit selbstverständlich auch um Bewegtbild.“
So sehr die Rektorin darauf beharrt, dass die Stelle für Film- und Medienwissenschaft auslaufen müsse: Eine nachbesetzte Professur für Film und Medienwissenschaft könnte durchaus an einem neuen Lehrstuhl angesiedelt werden. Dieser müsste eben neu geschaffen oder ein auslaufender Lehrstuhl umgewidmet werden; dazu bräuchte es nur politischen Willen. Was im Entwicklungsplan festgelegt wird, ist nicht in Stein gemeißelt, sondern kann, den jeweiligen bildungspolitischen Zielen entsprechend, verändert werden.
Im Büro der Rektorin sind in den vergangenen Wochen mehrere Briefe in dieser Sache eingelangt: von Lehrenden und Kunstschaffenden verfasste Plädoyers für eine Erhaltung der Film- und Medienprofessur. Mindestens zwei davon – sie liegen profil vor – wurden nie beantwortet. Bernhard Hetzenauers Schreiben etwa: Der inzwischen vielfach preisgekrönte Filmemacher, Autor und Medienkünstler hat an der Angewandten zwischen 2001 und 2007 studiert. Er schrieb an Petra Schaper Rinkel: „Mein multidisziplinäres Wissen und meine Flexibilität, auf die komplexen Herausforderungen im Film-, Kunst- und Kulturbereich und der Gesellschaft im Ganzen zu reagieren und deren Entwicklungen künstlerisch, filmisch, philosophisch und psychoanalytisch zu reflektieren (…), verdanke ich unter anderem meiner soliden künstlerischen und geisteswissenschaftlichen Ausbildung an der Angewandten. Ein wesentlicher Pfeiler dieser im besten Sinne humanistischen Bildung (...) war jene enorme Breite an Wissen, die durch Personen wie Christian Reder, Franz Schuh, Walter Seitter, Gerald Bast und eben auch Gabriele Jutz dauerhaft und kompromisslos eingefordert wurde.“ Die Abteilung für Medientheorie und die von Jutz gestaltete Professur sei „in dieser multidisziplinären Ausbildung essentiell. Gabriele Jutz hat meinen KollegInnen und mir – mittlerweile sind wir alle als erfolgreiche Kunst- und Filmschaffende tätig – seit den frühen 2000er Jahren den nicht kommerziellen Film als Kunstform näher gebracht. Ihre Seminare und Vorlesungen waren für das Kunstverständnis von mindestens zwei Generationen von KünstlerInnen prägend und erkenntnisbildend.“
So sehr die Rektorin darauf beharrt, dass die Stelle für Film- und Medienwissenschaft auslaufen müsse: Eine nachbesetzte Professur für Film und Medienwissenschaft könnte durchaus an einem neuen Lehrstuhl angesiedelt werden. Dieser müsste eben neu geschaffen oder ein auslaufender Lehrstuhl umgewidmet werden; dazu bräuchte es nur politischen Willen. Was im Entwicklungsplan festgelegt wird, ist nicht in Stein gemeißelt, sondern kann, den jeweiligen bildungspolitischen Zielen entsprechend, verändert werden.
Im Büro der Rektorin sind in den vergangenen Wochen mehrere Briefe in dieser Sache eingelangt: von Lehrenden und Kunstschaffenden verfasste Plädoyers für eine Erhaltung der Film- und Medienprofessur. Mindestens zwei davon – sie liegen profil vor – wurden nie beantwortet. Bernhard Hetzenauers Schreiben etwa: Der inzwischen vielfach preisgekrönte Filmemacher, Autor und Medienkünstler hat an der Angewandten zwischen 2001 und 2007 studiert. Er schrieb an Petra Schaper Rinkel: „Mein multidisziplinäres Wissen und meine Flexibilität, auf die komplexen Herausforderungen im Film-, Kunst- und Kulturbereich und der Gesellschaft im Ganzen zu reagieren und deren Entwicklungen künstlerisch, filmisch, philosophisch und psychoanalytisch zu reflektieren (…), verdanke ich unter anderem meiner soliden künstlerischen und geisteswissenschaftlichen Ausbildung an der Angewandten. Ein wesentlicher Pfeiler dieser im besten Sinne humanistischen Bildung (...) war jene enorme Breite an Wissen, die durch Personen wie Christian Reder, Franz Schuh, Walter Seitter, Gerald Bast und eben auch Gabriele Jutz dauerhaft und kompromisslos eingefordert wurde.“ Die Abteilung für Medientheorie und die von Jutz gestaltete Professur sei „in dieser multidisziplinären Ausbildung essentiell. Gabriele Jutz hat meinen KollegInnen und mir – mittlerweile sind wir alle als erfolgreiche Kunst- und Filmschaffende tätig – seit den frühen 2000er Jahren den nicht kommerziellen Film als Kunstform näher gebracht. Ihre Seminare und Vorlesungen waren für das Kunstverständnis von mindestens zwei Generationen von KünstlerInnen prägend und erkenntnisbildend.“
Hetzenauer schließt: „Eine Kunsthochschule ist kein Tech-Start-Up. Das müssen Sie verstehen, wenn Sie eine aus guten Gründen renommierte Kunsthochschule erfolgreich in die Zukunft führen wollen. (…) Es ist wichtig, dass die Film- und Medientheorie bleibt. Eine seriöse Kunstuniversität kann es ohne eine solche Professur nicht geben.“
Zu diesem Manko, das eben auch die HochschülerInnenschaft sieht, sagt die Rektorin: „Natürlich orientiert sich die Angewandte am Bedarf der Studierenden, unsere Lösungsvorschläge werden in diesem Fall nur nicht die Form einer Professur haben.“ Es gehe den Studierenden aber gerade um eine Professur, sagt Jutz. „Die vorwiegend künstlerische Beschäftigung mit dem Bewegtbild in den einzelnen Klassen und auch die für das Wintersemester geplante Ringvorlesung können eine Professur nicht ersetzen.“
Die Auseinandersetzung wird weitergehen, die inhaltliche Diskussion fortgesetzt werden: Die Studierenden fordern seitens des Rektorats ein aktives Eintreten für eine Film- und Medienprofessur mit Kunstschwerpunkt. Bislang scheint man dies in der Chefetage der Angewandten jedoch zu ignorieren. Den „Bedarf der Studierenden“ legt man dort offenbar auf ganz eigene Weise aus.
Zu diesem Manko, das eben auch die HochschülerInnenschaft sieht, sagt die Rektorin: „Natürlich orientiert sich die Angewandte am Bedarf der Studierenden, unsere Lösungsvorschläge werden in diesem Fall nur nicht die Form einer Professur haben.“ Es gehe den Studierenden aber gerade um eine Professur, sagt Jutz. „Die vorwiegend künstlerische Beschäftigung mit dem Bewegtbild in den einzelnen Klassen und auch die für das Wintersemester geplante Ringvorlesung können eine Professur nicht ersetzen.“
Die Auseinandersetzung wird weitergehen, die inhaltliche Diskussion fortgesetzt werden: Die Studierenden fordern seitens des Rektorats ein aktives Eintreten für eine Film- und Medienprofessur mit Kunstschwerpunkt. Bislang scheint man dies in der Chefetage der Angewandten jedoch zu ignorieren. Den „Bedarf der Studierenden“ legt man dort offenbar auf ganz eigene Weise aus.