Weichheit wagen: Bilderbuchs "Vernissage My Heart"
Musikalische Ausstellungseröffnung, erstes Exponat: Popband aus Österreich. Klug, sexy, ein bisschen verpeilt. Offensiv geschmacklose, aber selbstbewusst getragene Outfits. Ein Sound, der weit über das hierzulande Übliche hinausweist: Funk und Glamrock, Kanye West und George Clinton, HipHop und Progpop. Bilderbuch haben zeitlose Hits wie "Maschin" oder "Bungalow" produziert und sich dabei nie vom eigenen Irrwitz abbringen lassen.
Mit "Vernissage My Heart" erscheint in dieser Woche das Passstück zum bereits vor Weihnachten veröffentlichten Album "Mea Culpa". Wo dieses nach innen blickte, schielt "Vernissage My Heart" nach oben: in einen Outer Space, der freilich auch nur ein WG-Zimmer sein könnte. Frisbees rauschen durch Raum und Zeit und verwandeln sich in alte CDs.
Psychedelisches spielt keine geringe Rolle auf dieser Platte. Bilderbuch sind ein bisschen abgehoben, was den Vorteil mit sich bringt, dass sie den besseren Überblick haben. Das echte Leben schillert durch die rosaroteste Brille, die Wahrheit bleibt unübersehbar: In der Liebe zählen Kleinigkeiten, selbst Zärtlichkeiten können hart sein, und Klischees sind manchmal interessant, aber meistens nicht.
Bilderbuch gelingt etwas, was junge Popbands selten schaffen: Sie bauen Paläste aus Schmusedecken, wagen Weichheit und bleiben trotzdem stabil - und bei aller Verspieltheit ernsthaft genug für die wertvolle Botschaft: Zynismus ist der Anfang vom Ende.