Im „Haus der Musik“ wird der 150. Geburtstag Schönbergs als kleine Reminiszenz in Fotos und Faksimiles gefeiert. Die Sonderausstellung setzt, enzyklopädisch dosiert, das Bild eines Mannes zusammen, der in seinem Leben Grenzen überschritt, musikalische und reale. Geboren wurde Arnold Schönberg am 13. September 1874 als Sohn jüdischer Eltern im 2. Gemeindebezirk; 1891 wurde er Angestellter der Privatbank Werner & Co.; 1898 konvertierte er zum Protestantismus; 1899 entstand „Verklärte Nacht“, noch fern von Atonalität und Zwölftonmusik; 1921 wurde die Familie Schönberg von Antisemiten aus ihrem Sommerdomizil in Mattsee nahe Salzburg verjagt; im Oktober 1933 erfolgte die Flucht vor den NS-Machthabern nach New York. „The Enigma of Modern Music Arrives“, titelte eine US-Zeitung. Der Musikzauberer strandete in der Neuen Welt; er sollte nie mehr nach Europa zurückkehren. Arnold Schönberg starb am 13. Juli 1951 in Los Angeles. „Denn wenn es Kunst ist, ist sie nicht für alle, und wenn sie für alle ist, ist sie keine Kunst“, gibt einem das „Haus der Musik“ am Ende einen Satz à la Schönberg mit auf den Weg.
„Exilarte – Zentrum für verfolgte Musik“, unter einem gemeinsamen Dach mit dem Akademietheater in der Lisztstraße, ist die nächste Station. Die Ausstellung „Triangel der Wiener Tradition: Zemlinsky – Schönberg – Hoffmann“ zeigt, dass die Geschichte von Arnold Schönberg auch die Erzählung eines Künstlers ist, der durch viele Begegnungen mit berühmten Zeitgenossen und ein Leben auf zwei Kontinenten, das durch Krieg und Faschismus unwiederbringlich zerschnitten wurde, als Jahrhundertfigur gelten darf. Die Flötistin Katja Kaiser hat den sehenswerten Korso kuratiert. Sie sagt: „Schönberg hat das Dasein in Kalifornien durchaus als Paradies empfunden, in das er durch die Nazis, ohne es zu wollen, hineingestoßen wurde.“ Die Ausstellung in der Lisztstraße zeichnet drei Lebensgeschichten verfemter Künstler nach: Alexander Zemlinsky, Schönbergs bewunderter Lehrer, starb als gebrochener Mann im Exil; der Schönberg-Schüler Richard Hoffmann ließ sich in Oberlin, Ohio, ein Haus aus Aluminium bauen und pflegte eine Affinität zu schnellen Autos. „Hoffmann starb 2021“, sagt Kuratorin Kaiser. „Bis zuletzt besuchte er mit seinen Studierenden Wien, um ihnen die Heurigen und Kaffeehäuser der Stadt zu zeigen.“
Das „Arnold Schönberg Center“ am Schwarzenbergplatz, wenige Gehminuten von „Exilarte“ entfernt, ist die finale Station unserer kleinen Schönberg-Tour. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass die Musikwissenschafterin Therese Muxeneder so gut wie alles über Schönberg weiß. Sie führt durch die aktuelle Ausstellung „Mit Schönberg Liebe hören“, ein Projekt durchaus kühner Gegensätze: Kaum ein Komponist wird öfter mit rational-mathematischen Klangwelten assoziiert als Schönberg, der große Maschinist des Musikalischen. „Mit Schönberg Liebe hören“ verweist jedoch einerseits auf die von großen Gefühlen durchtränkten Partituren des Komponisten; andererseits beweist die Schau, dass Schönbergs Werk noch viele unentdeckte Seiten birgt. Sein Schüler Anton Webern wusste bereits 1912: „Die Erlebnisse seines Herzens werden zu Tönen.“ Sammlungsleiterin Muxeneder kann wunderbar ausholend über Schönbergs Leben und Musik sprechen. Sie bringt vieles auf den Punkt. „Er hatte ein gutes Gehör für die Misstöne seiner Zeit“, erklärt sie Schönbergs frühe Flucht vor den Nazis. „Konnte er wiederum etwas nicht in Worte fassen, wurde es Bild und Ton.“ Und der Komponist des klaren Klangs als Liebesschwerenöter? Ein Exponat ist Schönbergs berühmtes Buch „Harmonielehre“. Ende August 1924 schenkte er ein Exemplar seiner zweiten Frau Gertrud zur Hochzeit. Listig die Widmung im Buch: „Harmonielehre, meine Liebste, werden wir keine brauchen.“