Musik

Stil und Gedanke

Erinnerung an einen Pionier der musikalischen Moderne: Der Wiener Komponist Arnold Schönberg hat die Klangkunst kühn revolutioniert. Seinen 150. Geburtstag feiert man nun weltweit.

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Als das 20. Jahrhundert anbrach und mit ihm eine Ära der radikalen Innovation in Kunst und Geistesleben, war Arnold Schönberg gerade 25 Jahre alt. Das Mastermind jener Bewegung, die man bald die „Zweite Wiener Schule“ nennen würde, hatte sich selbst (mit ein wenig Hilfe seines Lehrers Alexander von Zemlinsky) zum Komponisten ausgebildet, hatte Wagner und Brahms studiert – und bereits ein erstes Hauptwerk veröffentlicht: das wehmütige, noch tonale Streichsextett „Verklärte Nacht“ (1899).

Doch Schönberg, der – geboren in der Leopoldstadt – zeitlebens auch im Englischen mit unverkennbar wienerischer Sprachfärbung auftrat, dachte über die erweiterte Tonalität der spät- und postromantischen Musik kühn hinaus. Er begann zu unterrichten, fand in Anton Webern und Alban Berg unter seinen Schülern zwei Geistesverwandte, mit denen er seine Vision einer Revolution der Tonkunst vorantreiben konnte.

Es ist schwer, die Feindseligkeit und das Unverständnis nachzuvollziehen, mit denen bereits auf Schönbergs Schritt für Schritt von der Tonalität sich befreiendes Frühwerk reagiert wurde. Die melancholischen „Drei Klavierstücke“ etwa, die er 1909 vorlegte, zeugen von musikalischer Emanzipation und emotionaler Tiefe. Wie schon in seinen ersten beiden, 1905 und 1908 komponierten Streichquartetten zertrümmerte er nicht einfach die als reaktionär erachtete tonale Musik, sondern etablierte mit großer Sensibilität und Präzision eine neue, andere Melodik, wie sie auch in „Pierrot Lunaire“ (1912) nachzuhören ist. Die „freie Atonalität“, die man Schönberg zuschrieb, erscheint darin keineswegs überkompliziert – und alles andere als akademisch.

Stefan   Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.