Die Zehn Gebote der „Star Wars“-Apostel

Die Zehn Gebote der „Star Wars“-Apostel

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1. Du sollst den Überblick nicht verlieren.

Gerade sporadischen Science-Fiction-Konsumenten mag das, was sich „vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis“ abgespielt hat, etwas verwirrend erscheinen, nicht zuletzt aufgrund der etwas eigenwilligen Chronologie der Filmreihe. Als historischer Nullmeridian hat sich unter „Star Wars“-Chronisten übrigens die Schlacht von Yavin eingebürgert, die den Schlusspunkt der Episode vier bildet. Aber das ist Expertenwissen. Zunächst: Was bisher geschah – in chronologischer Reihenfolge.

Episode 1 – Die dunkle Bedrohung (1999) Die zwielichtige Handelsföderation belagert den Planeten Naboo. Dessen Königin Padmé Amidala wird von den Jedi-Rittern Qui-Gon Jinn und Obi-Wan Kenobi aus der Gefangenschaft befreit und vor den Senat (eine Art Vereinte Nationen) der Galaktischen Republik gebracht. Auf dem Weg dorthin begegnet Padmé dem jungen Sklaven Anakin Skywalker. Der Senat kann sich nicht auf eine Hilfsaktion für Naboo einigen, weshalb die Jedis zusammen mit Anakin eigenmächtig gegen die Handelsföderation aktiv werden. Im finalen Kampf gegen den bösen Sith-Lord Darth Maul stirbt Qui-Gon Jinn; Obi-Wan nimmt Anakin Skywalker als Jedi-Schüler auf.

Episode 2 – Angriff der Klonkrieger (2002) Die Republik wird von der Separatistenbewegung des ehemaligen Jedi-Meisters Graf Dooku bedroht. Padmé Amidala lobbyiert gegen einen Krieg und wird – nach einem missglückten Attentatsversuch – von Anakin Skywalker bewacht. Man kommt einander näher. Obi-Wan erfährt, dass die Republik eine Armee aus Klonkriegern aufstellt; gleichzeitig hebt die mit der Seperatistenbewegung verbündete Handelsföderation eine Droiden-Armee aus. Anakin muss den Tod der eigenen Mutter mit ansehen und tendiert erstmals in Richtung dunkle Seite der Macht. Obi-Wan, Anakin und Padmé werden von Dooku gefangen genommen. Der politisch heillos verwirrte Senat verleiht Kanzler Palpatine (der sich als Sith-Lord Darth Sidious herausstellt) diktatorische Vollmachten. Meister Yoda und die Klonkrieger retten Obi-Wan, Anakin und Padmé, woraufhin Letztere heimlich heiraten. Die Klonkriege beginnen.

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Episode 3 – Die Rache der Sith (2005) Die Klonkriege zwischen Republik und Handelsföderation dauern an. Der Separatistenführer General Grievous entführt Kanzler/Diktator Palpatine. Obi-Wan und Anakin treten zur Geiselbefreiung an. Das Unternehmen gelingt, woraufhin Palpatine Anakin umwirbt und den Jedi-Rittern entfremdet. Anakin fürchtet um das Leben seiner schwangeren Frau Padmé, liebäugelt immer mehr mit der dunklen Seite der Macht, unterwirft sich schließlich Palpatine alias Darth Sidious und wird zu Darth Vader. Sidious lässt die Jedi niedermetzeln, Darth Vader beendet die Klonkriege mit einem Sieg über den Anführer der Handelsföderation. Obi-Wan kämpft gegen Anakin/Darth Vader und besiegt ihn. Der vermeintlich Tote wird von Darth Sidious gerettet und in seine klassische schwarze Atem-Maske gesteckt. Padmé stirbt kurz nach der Geburt ihrer Zwillinge Luke und Leia. Die letzten verbliebenen Jedi – Obi-Wan und Yoda – gehen ins Exil.

Episode 4 – Eine neue Hoffnung (1977) Rebellen haben geheime Baupläne für den Todesstern, die wichtigste Kampfstation des (von Ex-Kanzler Palpatine geführten) Imperiums, entwendet. Beim Versuch, die Pläne zum Rebellenstützpunkt auf Yavin IV zu bringen, wird Prinzessin Leia von imperialen Streitkräften gefangen genommen. Es gelingt ihr, die beiden Droiden R2-D2 und C-3PO mit den Plänen auf dem Wüstenplaneten Tatooine abzusetzen, wo sie den jungen Luke Skywalker auf die Spur von Obi-Wan Kenobi führen, der Luke von seinem Vater erzählt (ohne Namen zu nennen). Inzwischen zerstört der Todesstern Prinzessin Leias Heimatplaneten Alderaan; imperiale Truppen ermorden Luke Skywalkers Zieheltern. Luke und Obi-Wan heuern den Piloten Han Solo an, um die Pläne nach Alderaan zu bringen, treffen dort aber nur noch den Todesstern an. Unbemerkt gelangen sie in dessen Inneres und können Prinzessin Leia befreien, wobei sich Obi-Wan im Kampf mit Darth Vader opfert. Der Rest der Rebellentruppe kann entkommen. Schließlich gelingt es Luke, mit Hilfe der Geheimpläne und der „Macht“, in die ihn Obi-Wan eingeweiht hat, den Todesstern zu zerstören.

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Episode 5 – Das Imperium schlägt zurück (1980) Auf dem Eisplaneten Hoth, wo sich die Rebellen vor den imperialen Truppen verstecken, hat Luke eine Vision, in der Obi-Wan ihn dazu auffordert, sich zum Jedi-Meister Yoda auf dem Planeten Dagobah zu begeben. Als Darth Vaders Sturmtruppen den Rebellenstützpunkt angreifen, fliehen Prinzessin Leia, Han Solo und dessen Co-Pilot Chewbacca zu Solos altem Bekannten Lando Calrissian, während Luke nach Dagobah entkommt. Er beginnt seine Ausbildung zum Jedi-Ritter, lernt die Macht kennen und hat mehrere verwirrende Visionen von Darth Vader. Calrissian verrät derweil die Rebellen an Darth Vader, der Han Solo an dessen alten Intimfeind Jabba den Hutten ausliefert. Luke wird von Darth Vader zum Duell herausgefordert, verliert dabei seine rechte Hand und erfährt, dass Vader sein Vater ist. Trotzdem weigert er sich, mit diesem gemeinsame Sache zu machen. Mit Müh und Not können Luke, Leia, der reuige Lando Calrissian und Chewbacca fliehen.

Episode 6 – Die Rückkehr der Jedi-Ritter (1983) Beim Versuch, Han Solo aus den Klauen Jabbas zu befreien, geraten Leia, Lando, Chewbacca und die beiden Droiden selbst in Gefangenschaft. Gemeinsam mit Luke gelingt ihnen aber die Flucht, woraufhin Luke zu Yoda zurückkehrt, um seine Ausbildung fortzusetzen. Wenig später stirbt Yoda an Altersschwäche (er wird immerhin 900 Jahre alt), kann Luke aber davor noch zwei wichtige familiäre Details erklären: Darth Vader ist tatsächlich sein Vater, war früher ein Jedi-Ritter namens Anakin Skywalker – und hat noch ein zweites Kind. Der Geist von Obi-Wan klärt Luke weiter auf: Er habe da noch eine Zwillingsschwester. Luke ahnt, dass es sich wohl um Prinzessin Leia handelt. Das Imperium baut in der Zwischenzeit in der Nähe des Mondes Endor an einem neuen, noch tödlicheren Todesstern. Die Rebellen planen dessen Zerstörung, wobei sie von den Ureinwohnern Endors, den putzigen Ewoks, unterstützt werden. Luke fordert seinen Vater zum Kampf heraus, wird dabei von Palpatine bestärkt, endlich zur dunklen Seite zu wechseln, weigert sich aber und kann Palpatine – mithilfe seines reuigen Vaters – besiegen. Darth Vader stirbt, der Todesstern wird zerstört, Ende gut, alles gut. Vorerst.

2. Du darfst ruhig ein bisschen verwirrt sein.

Es ist natürlich kein Zufall, dass die erste Nachricht, die jeden „Star Wars“-Konsumenten erreicht, betont, dass sich diese Geschichte „vor langer Zeit“ abgespielt habe. Was wie Zukunft aussieht, liegt in der Vergangenheit. Altmodische Kategorien von vorher und nachher lösen sich im Lucas-Kosmos auf – und werden in eine recht altmodische Form gegossen, nämlich einen nostalgischen Roadtrip durch den Weltraum, der sich aus uralten Mythen und Sagen speist und aus nicht ganz so alten Westernfilmen. „Star Wars“ ist ein postmodernes Konstrukt mit modernisierungsfeindlicher Tendenz und zukunftsträchtigen Auswirkungen.

Dass das Blockbusterkino heute vor allem in Fortsetzungsgeschichten verharrt, hat seinen Ursprung in George Lucas’ „Neuer Hoffnung“ von 1977. Fast vier Jahrzehnte später – und ohne Lucas – nimmt das Prinzip nun Überlichtgeschwindigkeit auf. Mit der Übernahme von Lucasfilm durch Disney geht „Star Wars“ nicht nur in Fortsetzung, sondern in Serie. Neben der neuen Trilogie sind noch diverse weitere „Star Wars“-Filme geplant, die im Jahrestakt produziert werden und – nach dem Vorbild der Marvel- oder DC-Superheldenfilme – diverse Nebenfiguren und -schauplätze ausschlachten sollen. In postmoderner Theoriesprache: Der Text wird zum Intertext – und der Film zum Markenprodukt. Lawrence Kasdan, der legendäre „Star Wars“-Drehbuchautor, wird im Magazin „Wired“ mit dem schrecklichen Satz zitiert: „Hier ist Spielraum für Millionen unterschiedlicher Künstler und Geschichten. Fast wie im Buddhismus: ‚Star Wars‘ kann alles sein, was du willst.“ Und wann du willst.

3. Du sollst glauben, was du willst – und sei es an die Wissenschaft.

Star Wars“ ist nicht nur im buddhistischen Sinn ein quasi-religiöser Text. Die „Macht“ mit ihren hellen und dunklen Seiten, die Entwicklung des jungen Helden vom Naivling zum Messias, die mythisch aufgeladene Vater-Sohn-Geschichte der Familie Skywalker, der fernöstlich-esoterische Jedi-Ismus, Naturmystik und Popkultur – „Star Wars“ ist als spiritueller Baukasten angelegt, der an alle möglichen mythischen Welterklärungssysteme anschließt. Man darf glauben, was man will. Aber irgendwas muss man glauben. Nicht umsonst erklärt Darth Vader schon in den ersten Minuten von „Eine neue Hoffnung“ seinem skeptischen Admiral Motti: „Ich finde Ihren Mangel an Glauben beklagenswert.“

Dass George Lucas in der „Prequel“-Trilogie selbst vom reinen Glauben abfiel und die „Macht“ ohne Not als die Wirkung abstruser Mikroorganismen („Midi-Chlorianer“) beschrieb, wurde ihm von Fans der ersten Trilogie entsprechend übel genommen. Das göttliche Wirken war wissenschaftlich messbar geworden. Vielleicht hat Lucas aber auch nur auf das Gegenteil gezielt und die Wissenschaft um eine mystische Komponente ergänzt. Gott würfelt nicht. Aber vielleicht lässt er sich ja ein bisschen Blut abnehmen.

4. Du sollst George und J.J. ehren – auch wenn es manchmal schwerfällt.

Natürlich sind die „Star Wars“-Filme, nach den üblichen Kriterien der seriösen Filmkritik, alles andere als Meisterwerke: hölzerne Dialoge, holpriges Schauspiel, kindische Plot-Wendungen. Man muss trotzdem nicht so weit gehen wie Pauline Kael, die legendäre Kritikerin des Wochenmagazins „The New Yorker“, die „A New Hope“ im September 1977 einen legendären Verriss widmete: „Der Film ist eine Collage von Ersatzteilen.“ Denn es hätte wirklich schlimmer kommen können, wie Lucas’ Prequels beweisen, welche die kindliche Naivität und Holzschnitthaftigkeit der ersten Trilogie für sehr viel falsches Pathos und ideologische Zweifelhaftigkeit hinter sich lassen.

Ein ähnliches Fiasko ist mit „Das Erwachen der Macht“ nicht zu erwarten, dessen Regisseur J.J. Abrams schon mit seinen respektablen „Star Trek“-Filmen gezeigt hat, dass er uralte Kultprodukte recht treffsicher weiterzuentwickeln weiß. George Lucas hat trotzdem das letzte Wort: „Ich wusste, dass ich mich in diesem Fall nicht einmischen darf. Ich würde bloß alle unglücklich machen. Ich würde mich selbst unglücklich machen. Ich würde eine Vision zerstören – J.J. hat eine Vision, und es ist seine Vision.“ Amen.

5. Du sollst dir keinen eigenen Kosmos machen.

Die Regeln waren eindeutig, und man hielt sich gern daran: George Lucas hat „Star Wars“ erfunden, George Lucas soll „Star Wars“ weiterentwickeln. Darüber durfte man natürlich diskutieren, man durfte es aber nicht kritisieren, weil: George Lucas war „Star Wars“. Seit der Übernahme von Lucasfilm durch Disney ist das zwar anders, George Lucas ist inzwischen auch nur mehr Publikum. Trotzdem gilt weiterhin: Das „Star Wars“-Feld wuchert wild, wird aber strikt gehegt und nach strengem Plan beackert. Um die Ausmaße abzuschätzen, die dieses Feld in den vergangenen 38 Jahren angenommen hat, reicht ein flüchtiger Blick auf einschlägige Nerd-Enzyklopädien wie „Wookieepedia“ (124.000 Einträge). „Star Wars“ metastasiert in TV-Serien, Büchern, Comics, Video- und Brettspielen – und bleibt doch ein geschlossener Kosmos, über dessen Entwicklung die Marken- und Marketingverantwortlichen bis in kleinste Details hinein entscheiden. Trotzdem gelten nur die sechs Filme (die Originaltrilogie in ihrer digital überarbeiteten Fassung) sowie „The Clone Wars“ (Film und TV-Serie) als wahrhaft „kanonische“ Texte, alle weiteren Geschichten und Formate werden dem sogenannten „Expanded Universe“ zugerechnet. Wobei: Expanding Universe trifft es womöglich besser.

6. Du sollst aber wissen, dass es um dich selbst geht.

Wer über „Star Wars“ spricht, spricht immer auch über sich selbst. Zum Beispiel über den Moment, als man zum ersten Mal John Williams’ Titelmelodie hörte und den Sternenzerstörer der Imperialen Flotte hinter Prinzessin Leias Raumschiff herballern sah. Oder über die Gefühle, die dieselbe Szene bei einem Wiedersehen nach zehn, 20 oder 30 Jahren in einem auslöst. Meist handelt es sich dabei um ein Gefühl namens Nostalgie. Diese Nostalgie – für das, was damals war und wie wir damals waren – spielte in der Zeit vor „Star Wars“ im popkulturellen Bereich nur eine unterdurchschnittlich ausgeprägte Rolle. In den 1970er-Jahren war jede Jugendbewegung eine neue Bewegung, die Revivalkultur noch nicht erfunden. Man darf „Star Wars“ insofern ruhig als epochales Ereignis bezeichnen. Jede Generation hat ihre definierenden Momente, und für die sogenannte Generation X gehört „Star Wars“ zu diesen großen, gemeinsamen, sinnstiftenden Erfahrungen.

Es ist möglicherweise nur ein Zufall und möglicherweise trotzdem wichtig, dass nur zwei Monate nach dem Kinostart von „Eine neue Hoffnung“ Elvis Presleys Herz zu schlagen aufhörte und die Popkultur der Babyboomer den Geist aufgab. Und es ist ganz sicher kein Zufall, dass die Episoden eins bis drei ältere „Star Wars“-Fans nicht annähernd so berührt haben wie ihre Vorgänger/Nachfolger. Und noch etwas ist ganz sicher: „Das Erwachen der Macht“ wird uns genauso enttäuschen. Man müsste halt wieder zwölf sein.

7. Du sollst ruhig alles so verstehen, wie du willst.

Was ist „Star Wars“? Eine neugriechische Tragödie? Eine moderne Rittersage? Ein später Western? Eine Seifenoper? Ein ganz normaler Teenagerfilm? „Star Wars“ ist das alles. Außerdem ist es: ein Kommentar zum Kalten Krieg. Eine psychoanalytische Studie. Psychedelischer Unfug. Eine multikulturalistisches Manifest. Eine Theorie des Spätkapitalismus. Eine Analyse geopolitischer Korruption. Ein Abbild esoterischer Befindlichkeiten in der gottverlassenen Konsumkultur. Nicht, dass George Lucas das alles so intendiert hätte. Aber er hat doch, und das ist wohl schon das schlichte Geheimnis seines Erfolges, genügend Anknüpfungspunkte gesetzt, um aus einem Science-Fiction-Märchen einen der produktivsten popkulturellen Texte des späten 20. Jahrhunderts werden zu lassen – und einen, der auch in den ersten Jahrzehnten des neuen Jahrtausends kaum an Theoriefähigkeit eingebüßt hat.

Marxistische Denker haben sich an ihm ebenso wirkungsvoll versucht wie freudianische Exegeten, Marketingstrategen haben in ihm kaum weniger produktives Material vorgefunden als filmwissenschaftliche Seminaristen oder zynische Komödianten. „Star Wars“ hat zu allem etwas zu sagen, und was es nicht sagen kann, darf trotzdem nicht verschwiegen werden. Denn „Star Wars“ ist alles, was man daraus macht.

8. Du sollst einkaufen.

Darth Vader wird in „Das Erwachen der Macht“ aufgrund von frühem Unheldentod wohl keine tragende Rolle mehr spielen. Trotzdem haucht er einen derzeit, in den Wochen vor Filmstart, aus allen erdenklichen Richtungen an. Aus der Diskontschuhgeschäftsauslage zum Beispiel oder vom Supermarktkassen-Einkaufstrennhölzchen. Auch etwas näher liegende Verwertungen wie Lego-Bausätze, Adventkalender oder Actionfiguren sind derzeit konsequent in einschlägiger Ikonografie gehalten. Auf rund 30 Milliarden Dollar wurde das Gesamtvolumen der „Star Wars“-Industrie bereits 2012 geschätzt, als der Disney-Konzern George Lucas mehr als vier Milliarden Dollar für sein Lebenswerk (und die Rechte daran) bezahlte.

Dass Lucas anno 1977 zugunsten der Vermarktungsrechte an der „Star Wars“-Trilogie auf ein wesentlich höheres Regie-Honorar verzichtete, muss als sein eigentlicher Geniestreich bezeichnet werden. Mit „Star Wars“ wurde das Filmmerchandising neu erfunden. Davor diente es dazu, Filme zu bewerben. Heute ist es ein Geschäft an sich, das auch ohne Filme prächtig funktioniert, solange im „Happy Meal“ nur die richtige Plastikfigur steckt. Und dass Disney, das mit Abstand bedeutendste Merchandising produzierende Unternehmen der Welt (Vorjahresumsatz mit Lizenz-Ware: 45 Milliarden US-Dollar), dieses Konzept nicht noch weit über das bisherige Maß ausdehnen wird, ist praktisch auszuschließen. Die ersten Vergnügungsparks sind schon in Bau.

9. Du sollst Jar-Jar Binks nicht unterschätzen.

Mit dem Auftritt der (für Kleinstkinder) „lustigen“, computeranimierten Figur im ersten Prequel „Episode 1“ sahen „Star Wars“-Fans der alten Schule ihre schlimmste Befürchtung bestätigt: George Lucas ist ihnen unter der Hand verblödet. Bis heute gilt der segelohrige Hanswurst als (von Fans) meistgehasster „Star Wars“-Charakter. Wie zum Trotz behauptete Lucas immer wieder gern, dass ausgerechnet Jar-Jar Binks seine Lieblingsfigur in der ganzen Saga sei. Und ja, es handelt sich wohl um eine gezielte Provokation seiner Kritiker.

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Jedenfalls aber wurde Jar-Jar Binks kürzlich zur Hauptfigur in einer der schönsten fankulturellen Ereignisse der „Star Wars“-Geschichte: Am 30. Oktober veröffentlichte der User Lumpawarroo auf der Plattform Reddit einen detaillierten, stichhaltig argumentierten Beitrag, in dem der Beweis geführt wurde, dass Jar-Jar Binks’ Blödheit nur Fassade und der Tollpatsch tatsächlich eine Art Superbösewicht sei. Jar-Jar verfüge über die Macht und habe mit Senator Palpatine kollaboriert, diesen möglicherweise sogar kontrolliert. Außerdem geht Lumpawarroo davon aus, dass Jar-Jar im kommenden Film eine tragende Rolle spielen und sich wohl als dessen Oberbösewicht Snoke herausstellen werde. Regisseur J.J. Abrams hat sich bereits als großer Fan dieser Theorie geoutet. Er wird schon wissen, warum.

10. Du sollst nicht begehren deinen nächsten Sith.

Oder, wie es Meister Yoda ausdrücken würde: Alles seine Grenzen haben muss.

Sebastian Hofer

Sebastian Hofer

schreibt seit 2002 im profil über Gesellschaft und Popkultur und ist seit 2020 Textchef dieses Magazins.