Serie „Euphoria“: Verschwende deine Tugend
Das richtige Leben beginnt, einer abgedroschenen Floskel zufolge, außerhalb der eigenen Komfortzone, beziehungsweise, wenn man der US-Serie „Euphoria“ (Sky/HBO) glauben will, mit einem dunklen Geheimnis: Die Hauptfigur der Geschichte, die 17-jährige Rue (großartig gespielt vom ehemaligen Disney-Star Zendaya), kehrt nach den Sommerferien in der Entzugsklinik an ihre Schule zurück – und will nur schnell an neue Rauschmittel kommen. Und das ist erst der Anfang einer sich rasant drehenden, vielschichtigen Serien-Eskapade. „Euphoria“ erhebt in bisher zwei Staffeln nicht nur den Anspruch, uns die Generation Z zwischen realitätsfernen Körperbildern, Dating-Apps, Revenge Porn und Drogenkonsum zu erklären.
Die Serie zeigt das Leben junger Frauen auf der Suche nach Freundschaft und Liebe ungeschönt und explizit. Heteronormative Geschlechterrollen werden hinterfragt, während gleichzeitig in bedrückender Intensität vorgeführt wird, wie trotz woker Selbstreflexion der Protagonistinnen (Männer sind nur in Nebenrollen zu sehen) patriarchale Machtstrukturen und toxische Männlichkeit Plot und Schicksale bestimmen. En passant holt die bildgewaltige Serie Genre-Versatzstücke aus Teenager-Drama und Coming-of-Age-Tristesse auf neue Ebenen und demonstriert, was die amerikanische Opioidkrise aus den Menschen macht. Untermalt wird „Euphoria“, dem popkulturellen Zeitgeist folgend, mit neuer (Brit-Rapper Labrinth) und ewig guter Popmusik (Soul-Legende Bobby Womack).
Von RAF Camora über „Squid Game“ bis Adele: Alle Aufgedreht-Kolumnen lesen Sie unter profil.at/aufgedreht.
Jetzt auf Spotify: Die Songs der Woche von Lena Leibetseder und Philip Dulle in der Aufgedreht-Playlist. Jeden Freitag neu.