Angstfrei Richtung Zukunft
„Endlich Zukunft“, rappt RAF Camora im Titelsong zu seinem neuen Album und meint damit nicht nur sein eigenes Musik-Comeback, sondern vielmehr die Zeit nach der Pandemie und den Beginn einer neuen Freiheit: „Die letzten Jahre waren hart / Mit Corona-Maske im Park / Jetzt Riesenparty in meiner Stadt“. Egal ob Wien-Fünfhaus, Hamburg-West oder ganz Berlin, so der Wiener Rapper, die Welt hat wieder aufgesperrt – und er klingt dabei durchaus befreit.
Das Spiel mit dem Karriereende ist in der Popmusik ein ewiger Topos. Auch RAF Camora hat sich quasi am „Zenit“, so der Titel seines vermeintlichen Abschiedsalbums, von der Bühne verabschiedet. In den Jahren 2016 bis 2018 war Raphael Ragucci, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, der meistgestreamte deutschsprachige Künstler auf Spotify; 2019 hatte er genug vom Rampenlicht, wollte lieber als Produzent und als Businessmann (im Deutschrap ein wichtiges Asset) reüssieren. Keine Lust mehr auf das Musikgeschäft, auf falsche Freunde, auf komatöse Nächte.
Diese Zeit verarbeitet er jetzt in den 14 „Zukunft“-Tracks, die diesen Freitag überraschend veröffentlicht wurden (am Wiener Westbahnhof prangte ein Plakat mit „RAF Camora lebt“-Spruch). „Ich bin auf meinem Planeten / Genieß dort mein Leben / Aber man sieht an meinen Augen, dass mir irgendwas fehlt“, heißt es in „Realität“, und man merkt: Auch Deutschrapper sehnen sich mit 37 Jahren nach ein wenig Normalität. Für RAF Camora ist die neue Nachdenklichkeit und gelebter Rap-Eskapismus mit Freunden von der Hip-Hop-Gruppe 187 Strassenbande („Kapuze im Club“) kein Widerspruch. „Fünfhaus hat kein Wort für Angst“, heißt es im Song „Benzin“. Da geht einer angstfrei Richtung Zukunft.
Auf Spotify finden Sie die „Aufgedreht“-Playlist von Lena Leibetseder und Philip Dulle. Jeden Freitag neu.