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Sind Lawinen-Airbags wirklich sicher?

Ein Forscherteam analysierte die Überlebenschancen von Skifahrern mit Spezialrucksäcken. In welchen Fällen die Ballons Leben retten können – und in welchen nicht.

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Am ersten Februarwochenende starben heuer neun Skifahrer in Österreichs Bergen. Mindestens einer von ihnen hatte einen Lawinenrucksack mit eingebautem Ballon dabei. Dieser wird über einen Griff ausgelöst, muss sich innerhalb von fünf Sekunden aufblasen und ein Mindestvolumen von 150 Litern erreichen. Im Idealfall bleiben die Verunfallten dadurch an der Oberfläche. Sie machen sich damit den sogenannten „Müsli-Effekt“ zunutze. Schüttelt man eine solche Mischung, so wandern die kleineren Haferflocken nach unten, während sich die größeren Nüsse oben ansammeln. Sie sind schlicht zu groß für die kleinen Lücken, die weiter unten entstehen.

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245 untersuchte Lawinenunfälle

Lange war allerdings unklar, in welchem Ausmaß die Airbags tatsächlich Leben retten. Bis der Schweizer Pascal Haegeli 245 Lawinenunfälle mit insgesamt 424 Beteiligten in Österreich, Kanada, Frankreich, Norwegen, Slowakei, Schweiz und den USA analysierte. Das Ergebnis: Bei Personen ohne Airbags lag die Sterblichkeitsrate bei 22 Prozent, bei Verschütteten mit der Zusatzausrüstung lag sie bei nur elf Prozent. Die Spezialrucksäcke verdoppelten also die Überlebenschancen (die abgesehen davon auch von der Größe der Lawine und den Verletzungen abhingen).

Warum geht jeder fünfte Ballon nicht auf?

Die Studie des Schweizers zeigt aber auch die Grenzen der Airbags auf: Jeder fünfte Ballon war nicht aufgegangen – in den meisten Fällen waren sie gar nicht oder zu spät ausgelöst worden. Haegeli und sein internationales Forscherteam machten dafür vor allem mangelndes Training verantwortlich. Aber auch Gerätefehler und die Zerstörung durch die Lawine waren Gründe für das Versagen der Airbags. „Sachgemäße Wartung, Training und Vertrautheit mit dem Airbagsystem führen offensichtlich zu Vorteilen beim Gebrauch dieser Notfallausrüstung", schreibt der Lawinenexperte Thomas Exner auf der Website des Alpenvereins. Klar müsse allerdings sein, dass der Sicherheitsgewinn schnell erlischt, wenn man wegen des Ballons mehr Risiko eingehe. „Etwa wenn man bei höherer Lawinengefahr loszieht oder heikleres Gelände begeht", so Thomas Exner.

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort und ist Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.