Warum sind Hochbegabte schlecht in der Schule?
Es scheint paradox: Nicht jedes superschlaue Kind schafft es bis zur Matura oder an die Uni. Zehn bis zwölf Prozent der Kinder mit einem Intelligenzquotienten über 120 bringen in der Oberstufe schlechte Noten nach Hause. Die Würzburger Forscherin Catharina Tibken hat mit vielen besorgten Eltern zu tun, die sich an die Begabungspsychologische Beratungsstelle ihrer Universität wenden: „Ihnen fällt beispielsweise auf, dass sich das Kind zuhause anders verhält als in der Schule“, sagt Tibken. Daheim sei das Kind neugierig und frage viel, Erklärungen folge es mühelos. In der Schule bleibe es dennoch unter dem Durchschnitt.
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Studie: Ihnen flog alles zu
Ein Jahr lang beobachtete Catharina Tibken 341 Kinder zwischen zwölf und 14 Jahren. Zur Hälfte handelte es sich um hochbegabte „Underachiever“, wie Kinder und Jugendliche in der Psychologie genannt werden, die unter ihrem Niveau bleiben. Die andere Hälfte waren normal begabte Schulkinder. Der Hauptgrund für die mangelnden Leistungen der Hochbegabten war schnell gefunden: Vielen war in der Unterstufe alles zugeflogen, weshalb sie sich keine Lernstrategien angeeignet hatten. Und selbst wenn sie die oft anstrengenden Lernmethoden kannten, konnten sich viele nicht dazu motivieren, sie auch anzuwenden.
Besonders ungeübt waren die „Underachiever“ beim Erfassen von Sachtexten, wie Tibken im Fachblatt „Child Development“ berichtet. Anstatt schwierige Stellen noch einmal zu lesen oder sich zusätzliche Informationen zu besorgen, gaben sie auf. Insgesamt hatten sie zudem größere Schwierigkeiten einzuschätzen, ob sie einen Text verstanden hatten – weshalb sie nichts gegen ihre Lücken unternahmen.
Wie das Lernen erlernen?
Catharina Tibken und ihr Team arbeiten nun an einem Trainingsprogramm für den Schulunterricht, das sie in manchen Klassen bereits experimentell einsetzen. Die Schüler sollen sich dabei allgemeines Wissen über Lernstrategien aneignen, aber auch üben, diese richtig einzusetzen. Dazu gehören auch die Überwachung des eigenen Könnens und das Reagieren darauf – etwa durch Anpassen der Lernzeit. Von dem Programm werden auch normal begabte Schülerinnen und Schüler profitieren, sagt Psychologin Tibken.