Gastkommentar

Bankenabgabe: Politisch notwendig, ökonomisch fragwürdig

Ohne Sondersteuer für Geldinstitute gibt es in Österreich offenbar keine Bundesregierung, aber klug ist diese populistische Maßnahme deshalb noch lange nicht.

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Es ist gut, dass wir nun eine funktionsfähige Regierung haben. Wenn die Bankensteuer der Preis dafür ist, dann ist das zu akzeptieren. Aber aus ökonomischen Überlegungen ist diese populistische Steuer noch immer keine gute Idee. „Sonderabgaben“ für gerade unbeliebte, aber profitable Branchen sind prinzipiell problematisch.

Wenn die Gewinne der Banken (oder anderer Branchen) gerade hoch sind, dann kann das seinen Grund in Missbrauch von Marktmacht, ungeschickter Regulierung oder anderen Verzerrungen haben. Oder aber die Gewinne resultieren aus den aktuellen Marktbedingungen (etwa aus geldpolitischen Entscheidungen). Man sollte die Ursachen schädlicher Überschussgewinne (wenn solche denn vorliegen) beseitigen, nicht die Gewinne selbst abschöpfen. Sonst macht sich der Finanzminister zum Komplizen der Missstände.

Eine unterschiedliche Besteuerung von Gewinnen aus verschiedenen Branchen verzerrt die Kapitalallokation und könnte im Worst Case Aktivitäten in unregulierte Schattenbanken verlagern, wo keine Gewinnabschöpfung erfolgt. Erwarten Unternehmen zudem eine „Übergewinnabschöpfung“, verringern sie Investitionen in Resilienz und reduzieren ihr Eigenkapital. Sie könnten auch Anreize haben, Ausschüttungen in „normalen Zeiten“ zu erhöhen, da sie mit einer Abschöpfung von Übergewinnen rechnen.

In Österreich hört man das Argument, eine Bankenabgabe würden vor allem ausländische Aktionäre bezahlen. Vor allem in einer kleinen offenen Volkswirtschaft ist das keine sinnvolle Idee. Hierzulande haben wir aktuell ein Problem mit Kapitalabfluss und nicht mit übermäßigem Kapitalzufluss aus dem Ausland.

Lieber eine Bankenabgabe als eine weitere politische Hängepartie. Letztere verursachte eindeutig den größeren wirtschaftlichen Schaden.

Gabriel Felbermayr

Wifo-Chef

Wie bei allen Steuern, auch Gewinnsteuern, stellt sich die Frage, wer die Belastung am Ende schultert. Studien zeigen zwar, dass die Banken frühere Abgaben nicht an ihre Kunden abgewälzt haben. Dennoch ist klar, dass weder Bankkunden noch Bankbeschäftigte profitieren würden. Durch eine niedrigere Investitionstätigkeit, die Studien sehr wohl nachgewiesen haben, kommen die Kosten, zwar verdünnt, aber doch in der Allgemeinheit an.

„Krisengewinnler“ werden bereits regulär besteuert. Wer hohe Gewinne schreibt, zahlt mehr, wer keine ausweist, zahlt nicht. Wenn es aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit höhere Steuern auf Gewinne braucht, dann sollte die Körperschaftssteuer auf alle Gewinne in allen Branchen angehoben werden – zur Budgetsanierung etwa vorübergehend. Wenn man gleichzeitig die Abschreibungsregeln großzügiger macht, könnten damit sogar neue Anreize für Investitionen entstehen. Und wenn man speziell die Reichen erwischen will, dann könnte man über eine Solidaritätsabgabe auf Einkommensteuer und Kapitalertragssteuer sprechen.

Nun könnte man auf die Idee kommen, Gewinnsteuern wie die Einkommenssteuer progressiv zu gestalten. Das wäre gleich mehrfach unsinnig, weil man damit in die Größenstruktur der Unternehmen eingreifen würde. Die Rechtfertigung für Progressivität stellt auf Eigenschaften von Individuen oder Haushalten ab, zum Beispiel auf ihre persönliche Leistungsfähigkeit, nicht aber darauf, von welchen Unternehmen die Individuen oder Haushalte Anteile halten. Daher ist auch die steuerliche Besserstellung von Ein-Personen-Unternehmen problematisch, da sie Anreize für die Gründung von Personengesellschaften schafft und die Progression aushöhlt.

Ja, 2008 wurden Banken gerettet, was den Staat viel kostete. Aber die Regulierung wurde verstärkt, und Banken zahlen in einen Sicherungspool ein. Die Hilfsmaßnahmen sind größtenteils abbezahlt. Mit dieser Logik könnte man auch in vielen anderen Branchen „Sondersteuern“ fordern – etwa in der Hotellerie. Das Argument sollte jedoch sein, die Rettungspolitik grundsätzlich anders zu gestalten.

Aus diesen Gründen kann man als Ökonom Sonderabgaben für einzelne Branchen, insbesondere für die Banken, nicht gutheißen. Aus politökonomischen Gründen mögen sie hingegen notwendig sein. Lieber eine Bankenabgabe als eine weitere politische Hängepartie. Letztere verursachte eindeutig den größeren wirtschaftlichen Schaden.

Gabriel Felbermayr

Gabriel Felbermayr

ist Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien).