Barbara Blaha: Banken machen Gewinne ohne Grenzen
Der Schmäh ist so einfach wie böse: Die Banken geben die Zinserhöhungen überfallsartig an alle weiter, die in der Kreide stehen (und variable Zinssätze haben). Die Sparzinsen steigen aber kaum bis gar nicht. Aus dieser Zinslücke sprudelt der Gewinn der Banken. Und: Die österreichischen Banken haben selbst Geld bei der EZB eingelagert. Fast zwei Milliarden Euro Zinsen haben sie dafür seit August 2022 kassiert. Für die gleiche Summe an Einlagen haben die österreichischen Kund:innen aber nur 358 Millionen Euro an Zinsen bekommen.
Mit diesem Geschäft haben die heimischen Banken mehr als 1,5 Milliarden Euro verdient. Netto. Und weil das immer noch nicht reicht, haben sie hierzulande auch die Kontoführungsgebühren weit über der Inflation erhöht. Damit haben die Banken letztes Jahr um 2,1 Milliarden Euro mehr verdient als im Jahr davor.
Nun fragt sich Vizekanzler Werner Kogler, ob das „noch alles gerecht und vernünftig ist“. Damit ist er immerhin einen Schritt weiter als sein Regierungskollege, Finanzminister Magnus Brunner. Der wünscht sich von den Banken: bessere Kundenfreundlichkeit.
In eine ähnliche Richtung gehen die Vorschläge vieler Ökonom:innen. Sie empfehlen uns: „Löst das doch einfach selbst!“ Der Kunde müsse endlich anfangen, Konditionen zu vergleichen. Der Wettbewerb würde dafür sorgen, dass die Banken die hohen Zinsen auch an die Sparer weiterreichen. Ein schneller Online-Check zeigt: Die Konto-Angebote der Banken preisen ihre vermeintlich günstigen Kontoführungsgebühren. Wer aber die Zinssätze sucht, braucht mehr Zeit. Viele Klicks und einen Download später wird man im Kleingedruckten fündig. Die Bank Austria etwa, eine der größten Banken Österreichs, bietet aktuell satte 0,0000 Prozent Habenzinsen im Jahr.
Österreich droht eine Rezession – die auch die Kreditfähigkeit von Privatpersonen und kleinen Unternehmen bedroht. Deshalb ist es höchste Zeit, zu handeln.
Das muss nicht so sein, wie Frankreich zeigt. Die allermeisten Franzosen legen ihr hart erarbeitetes Geld auf eine Art Volkssparbuch, das Livret A. Bis zu 22.950 Euro können sie so mit einem staatlich festgelegten Zinssatz ansparen. Aktuell sind es drei Prozent – und die Einlagen sind täglich verfügbar.
Eigentlich sollte es spätestens seit 15 Jahren die absolute Priorität aller politischen Parteien sein, den Kapitalmarkt an die Leine zu nehmen. Damals ist die amerikanische Immobilienkredit-Blase geplatzt. Genauer gesagt: das legale Geschäftsmodell, Leuten Kredite anzudrehen, wo schon beim Abschluss klar ist, dass sich das bei vielen nicht ausgehen kann. Die Blase hat damals eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst; die US-Regierung musste einige der größten Banken mit Milliarden an Steuergeld retten, um den Zusammenbruch der Realwirtschaft zu verhindern. Und das in vollem Wissen um die skandalösen Praktiken, die dorthin geführt haben.
In der österreichischen Variante sind die Hypo Alpe Adria und die Kommunalkredit staatlich aufgefangen worden. Motto: „Privatisieren der Gewinne, Sozialisieren der Verluste.“ 14 Milliarden Euro hat das die Steuerzahler gekostet. Und die eilig eingeführte Bankenabgabe hat nur knapp vier Milliarden Euro wieder hereingespielt.
Die Lehre daraus wäre, den Spielraum der Banken einzuschränken. Wer als „systemrelevant“ vom Staat gerettet werden muss, der hat auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Österreich droht eine Rezession – die auch die Kreditfähigkeit von Privatpersonen und kleinen Unternehmen bedroht. Deshalb ist es höchste Zeit, zu handeln.
Historisch übrigens eine Selbstverständlichkeit, da nicht nur zuzuschauen: Selbst die marktradikale britische Premierministerin Margaret Thatcher hat in den 1980er-Jahren die Zufallsgewinne von Banken per Sondersteuer zurückgeholt. Ihre nüchterne Bilanz: „Natürlich wehrten sich die Banken vehement dagegen, aber es blieb die Tatsache, dass sie ihre hohen Gewinne durch die hohen Zinssätze erzielt hatten und nicht durch erhöhte Effizienz oder besseren Service für die Kunden.“
Auch heute handeln andere Länder längst: Die spanische Abgabe auf Zinsen hat etwa vom Marktführer fast die Hälfte der Gewinne wieder in die Staatskassa zurückgespült; Ungarn hat eine empfindliche Sondersteuer eingeführt – die allerdings entsprechend dem nationalistischen Kurs der Orbán-Regierung vor allem auf ausländische Banken abzielt. Dagegen ist die auf maximal ein Tausendstel der Bilanzsumme beschränkte italienische Abgabe eher symbolisch. Eines ist überall gleich: Die konservativen Hüter der hohen Bankgewinne geraten von beiden Seiten unter Druck, aus der linken Mitte und von ganz rechts. Sie werden liefern müssen. Auch in Österreich.