Kolumne

Barbara Blaha: Klima und Kohle

Die Klimakrise ist doppelt ungerecht: Die mit viel Geld verursachen sie. Und die mit viel Geld spüren sie am wenigsten. Wer es ernst meint mit der Rettung des Klimas, muss bei den Reichsten ansetzen.

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Dieses Angebot konnte der US-amerikanische Wissenschafter Douglas Rushkoff kaum ablehnen: Er sollte bei einem Milliardärstreffen vortragen. Kaum angekommen, wurde er in einen Raum geführt, wo fünf ungeheuer reiche Männer auf ihn warteten, die eine Frage beantwortet haben wollten: Wie überleben wir das „Ereignis“?

Gemeint war damit der Zusammenbruch der Zivilisation durch die Klimakrise. Welche Region wird am wenigsten von der Klimakrise getroffen? Wo werden zuerst Ressourcen-Kriege ausbrechen? Wo also den sicheren Luxusbunker errichten? Rushkoff, der Wissenschafter, traute seinen Augen und Ohren nicht.

Superreiche sind besessen davon, dem Ende der Welt zu entkommen. Dem Ende der Welt, das sie selbst tatkräftig vorantreiben, jeden Tag. Denn sie konsumieren mehr; was sie kaufen, frisst viel mehr Energie als das Leben der normalen Menschen. Riesige Villen, Luxuskarossen, Yachten, Privatjets.

Superreiche sind CO2-Elefanten: Ihr Fußabdruck liegt bei geschätzt 30.000 Tonnen im Jahr; der Durchschnitt liegt in Österreich bei 13 Tonnen. Ja klar, auch das ist noch zu viel. Aber die Dimensionen sind bizarr: Ein Superreicher bläst so viel Klimagift in die Luft wie 2300 Normalos.

Die Kohle der Reichen heizt das Klima weltweit an: Die reichsten zehn Prozent in Österreich verursachen so viel CO2 wie die ärmere Hälfte des Landes. Und das reichste Prozent des Landes lebt überhaupt, als gäbe es kein Morgen. Und sorgt so dafür, dass es irgendwann wirklich kein Morgen mehr gibt: 150 Tonnen Treibhausgase verursacht jemand pro Jahr, der zum reichsten Prozent gehört. So viel schaffen die Ärmsten des Landes in einem halben Leben nicht.

Und die Schere geht sogar noch weiter auf, statt sich zu schließen: Seit 1990 hat nur die einkommensärmere Hälfte der Bevölkerung CO2 gespart – fast zehn Prozent nämlich. Das reichste Prozent pulvert um 45 Prozent mehr CO2 in die Luft als damals.

Die Reichen ruinieren uns die Gesamtbilanz: Würde die reichere Einkommenshälfte nur so viel CO2 verursachen wie der Durchschnitt in Österreich, hätten wir bereits ein Viertel all unserer Emissionen eingespart.

Klimapolitik ist Verteilungspolitik: Wer zahlt die Kosten der Krise? Wer muss was beitragen?

Barbara Blaha

Um das durchzusetzen, braucht es aber mehr als freundliche Appelle. Britische Forscher:innen haben untersucht, wie man Reiche dazu bekommt, ihren Konsum einzuschränken. Ihr ernüchterndes Fazit: Wer will, dass Reiche nicht länger aus Langeweile und zum Jux die Welt verpesten, muss Regeln aufstellen.

Anreize und Vorbilder sind nett, bringen aber wenig. Statt Privatjets höher zu besteuern, braucht es Verbrauchslimits und Verbote.

Ein Anfang wäre, dieses Verhalten wenigstens nicht mehr mit öffentlichem Geld zu fördern. Zwischen fünf und sechs Milliarden Euro im Jahr zahlt die Republik an klimaschädlichen Subventionen. Das hat eine Studie im Auftrag des Klima-Ministeriums erhoben. Drei Viertel dieser Klimakiller-Förderungen fließen in den Straßenverkehr: Dieselprivileg, Steuervorteile für Dienstautos und die Verpflichtung, Parkplätze zu errichten.

Der reflexhafte Einwand: Ja, aber jede:r hat doch ein Auto. Nein. Autofahren ist eine Frage des Geldes; im untersten Einkommensviertel hat nur knapp jeder Zweite ein Auto.

Klimapolitik ist Verteilungspolitik: Wer zahlt die Kosten der Krise? Wer muss was beitragen? Unsere Gesellschaft muss sich nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus sozialen Gründen wandeln.

Die Politik ist hier in der Verantwortung. Exzessiver klimaschädlicher Konsum, der uns allen schadet, muss abgestellt werden. Und Freifahrtscheine darf es nicht mehr geben – egal um welchen Preis. Privatjet-Flüge gehören verboten, zweimal, dreimal pro Woche zu fliegen, muss unleistbar werden. Zum Beispiel mit Flugticket-Abgaben, die mit jedem Flug drastisch ansteigen. Autos müssen gesetzlich so weit wie möglich aus den Städten verbannt werden. Gewichts- und größenabhängige Parkgebühren könnten helfen, den Trend zu immer größeren Autos gerade bei reichen Menschen zu stoppen.

Auf der anderen Seite muss ein klimafreundliches Leben für alle möglich werden. Öffentliche Verkehrsmittel müssen möglichst flächendeckend und leistbar verfügbar sein. Genauso wie günstiger klimafreundlicher Wohnraum.

Die Superreichen werden sich nicht von sich aus bewegen; sie warten nicht auf die Klimapolitik. Sie haben längst vorgesorgt: Sie haben Villen geshoppt in Gegenden, in denen Hitze, Dürre und Hunger als Letztes ankommen werden. Zum Beispiel in den Kitzbüheler Alpen: Dort wurde ein kleines und exklusives Villendorf gebaut, für 15 Millionen Euro ist man dabei. Das Werbeversprechen ist Noahs Arche: in Sicherheit – weg vom Mainstream. Der Mainstream, das sind wir. Und welche Chance haben wir, die Klimakatastrophe zu überstehen? Nur eine: es gar nicht so weit kommen lassen.

Barbara Blaha

Barbara Blaha

leitet das ökosoziale Momentum Institut.