Der Kühlschrank der Zukunft
Gerade in letzter Zeit häufen sich die Meldungen über Quantencomputer und über Firmen, die gegründet wurden, um Quantencomputer oder einzelne Komponenten davon zu entwickeln. Zieht man die Geschichte der Luftfahrt heran, um den heutigen Stand des Quantencomputers einzuordnen, könnte man sagen, dass wir uns dort befinden, wo Otto Lilienthal mit seinem selbst gebauten Gleitflugzeug bis zu 250 Meter weit flog.
Was ist nun das eigentlich Magische an dieser neuen Computertechnologie? Alle heutigen Computer arbeiten mit einer Maschinensprache, die aus Nullen und Einsen besteht. Bei den sogenannten Quantenbits oder Qubits gibt es auch Einsen und Nullen, aber auch viele Zustände dazwischen. Wie bei einer Münze, die einen Kopf und eine Zahl hat, aber wenn man sie schnell in die Luft wirft, gibt es auch viele Abstufungen mit etwas Kopf und etwas Zahl. Je mehr dieser Qubits man hinzufügt, desto mehr Zustände kann man zeigen, und das macht diese Computer unglaublich leistungsfähig, jenseits unserer Vorstellungskraft.
Nur um eine Vorstellung von dieser Leistungsfähigkeit zu bekommen, von der wir sprechen: Google hat gerade einen neuen Chip dafür entwickelt und in weniger als fünf Minuten eine mathematische Berechnung durchgeführt, die auf einem der heute schnellsten Supercomputer 1025 oder zehn Quadrillionen Jahre dauern würde. Ausgeschrieben: 10.000.000.000.000.000.000.000.000 Jahre.
Diese unglaubliche Errungenschaft wird alles verändern. Wir sind nicht mehr weit davon entfernt, auch wenn noch einige Probleme zu lösen sind. Denn damit solche Computer überhaupt funktionieren, müssen viele dieser Chips auf den absoluten Nullpunkt gekühlt werden. Diese unglaublichen -273,15 °C sind nötig, damit sich die extrem störanfälligen Quantenbits „beruhigen“, und trotz dieses Kühlschranks zappeln sie immer noch herum und sind sehr fehleranfällig.
Quantencomputer haben das ganz besondere Potenzial, unser Verständnis der Welt und unsere Möglichkeiten in vielen Bereichen grundlegend zu verändern, indem sie die bisher unüberwindbaren Grenzen klassischer Computer sprengen. Mit ihrer Fähigkeit, komplexeste Aufgaben in Wissenschaft, Technik und Gesellschaft deutlich schneller zu lösen oder überhaupt erst lösbar zu machen, könnten sie zu bahnbrechenden Entdeckungen in der Material- und Wirkstoffforschung führen, die Entwicklung neuartiger Medikamente vorantreiben und nachhaltige Technologien zur Energieerzeugung und -speicherung ermöglichen. In der Logistik und Verkehrsplanung könnten globale Lieferketten, das städtische Verkehrsmanagement und die individuelle Routenplanung effizienter und umweltfreundlicher gestaltet werden.
Aber auch der Bereich der künstlichen Intelligenz würde durch Quantenrechenleistung einen noch kaum vorstellbaren Sprung erleben, der hochpräzise Vorhersagen, selbstlernende Systeme und Echtzeitanalysen in bisher unbekanntem Ausmaß ermöglichen würde. Gleichzeitig führen diese neuartigen Rechenkapazitäten zu tiefgreifenden Veränderungen in der Sicherheit. Klassische Verschlüsselungsverfahren werden durch Quantenalgorithmen bedroht, was gleichzeitig den Übergang zu neuen, sicheren quantenkryptografischen Lösungen vorantreibt.
Während sich Unternehmen und Staaten in einem Wettlauf um die Entwicklung von Quantencomputern befinden und enorme finanzielle Mittel investieren, stellen sich auch Fragen nach der ethischen Verantwortung:
Wer erhält Zugang zu dieser Schlüsseltechnologie, und wie verschieben sich gesellschaftliche und wirtschaftliche Machtverhältnisse? Trotz noch bestehender technischer Herausforderungen wie Stabilität und Skalierbarkeit der Qubits schreitet die Entwicklung rasant voran.
Dass Otto Lilienthal mit seinem Prinzip der Flügelkrümmung den Grundstein für die Luftfahrt legte, konnte er zu seiner Zeit nicht voraussehen. Lassen wir uns überraschen, was uns der Computer im Kühlschrank bringen wird.