Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl: Die Gattin mischt mit

Wann wird Einflussnahme zur Amtsanmaßung?

Drucken

Schriftgröße

Altkanzler Franz Vranitzky ist ein kluger Mann, dessen politische Expertise immer noch geschätzt wird. Nur mit Frauenpolitik hatte er nie was am Hut. 1995 entließ er Johanna Dohnal, Österreichs legendäre erste Frauenministerin, gegen ihren Willen aus seiner Regierung. 

Es war ein offenes Geheimnis, dass Vranitzkys ablehnende Haltung zu feministischen Ideen und Aktivitäten viel mit seiner Frau Christine und deren Ansichten zu tun hatte. Christine Vranitzky, eine tüchtige Geschäftsfrau und begeisterte Golferin, sah die Welt offenbar aus der Perspektive einer privat und beruflich erfolgreichen Person, die ihren Erfolg allein ihrem persönlichen Einsatz zuschreibt.

Kanzlergattin ist kein öffentliches Amt. Politische Ämter kriegt man nicht durch Heirat.

Ihr Verständnis für Geschlechtsgenossinnen, die es weniger gut getroffen hatten, war begrenzt. Sie halte nichts davon, sagte sie 1994 in einem Interview mit profil, „dass Frauen Kinder kriegen und sie um sieben Uhr früh abgeben, um dann vielleicht 4000 oder 5000 Schilling zu verdienen“. Dieses Statement und auch Behauptungen wie „Wenn Kinder nach dem Lernen auf den Golfplatz gehen, kommen ihnen sicher Drogen nicht in den Sinn!“ waren dem Image des sozialdemokratischen Bundeskanzlers nicht eben nützlich, zumal die Vranitzkys als einander eng verbundenes Paar galten und man annehmen durfte, dass ihre Ansichten nicht ohne Einfluss auf seine blieben.

Aber darf man denn überhaupt annehmen, dass ein Politiker oder eine Politikerin die Amtsausübung streng vom Privatleben trennt und am häuslichen Esstisch allenfalls über das Singverhalten der Mönchsgrasmücke redet, nicht jedoch über die Notwendigkeit von Steuerreformen? Vermutlich nicht.

Wenn jetzt also darüber debattiert wird, ob und wie sehr Frau Nehammer ihren Kanzlergatten gängelt, dann muss man zunächst einmal davon ausgehen, dass kein in einer Partnerschaft lebender Mensch bei dem, was er denkt und tut, gänzlich unbeeinflusst bleibt von dem, was Partnerin oder Partner denken und getan sehen möchten. Das ist bei Politiker:innen nicht anders, und vielen mächtigen Männern wurde schon nachgesagt, ihre Entschlüsse gingen mehr oder weniger stark auf Einflüsterungen ihrer Frauen zurück, überhaupt, wenn es unpopuläre Entschlüsse waren. 

Dass die Partnerinnen von Regierungschefs eine mehr oder weniger gewichtige Rolle spielen im politischen Leben ihrer Männer, ist also nichts Neues. Daraus resultiert aber keinesfalls ein – von der Öffentlichkeit zu akzeptierender – Anspruch auf eine Beteiligung an den Regierungsgeschäften. Kanzlergattin ist kein öffentliches Amt. Politische Ämter kriegt man nicht durch Heirat.

Darum ist es mehr als befremdlich, wenn Katharina Nehammer regelmäßig, wie im „Standard“ zu lesen war, an den „strategischen Meetings“ im Bundeskanzleramt teilnimmt und dort auch sonst nach Belieben aus und ein geht. 

Sie sei, stand im „Standard“, ein „neuer Typus der Frau an der Seite des Kanzlers“ und passe nicht in die Rolle der stillen Begleiterin.

Da ist Widerspruch angebracht. Neu ist gar nichts am Typus der Chefgattin, die ihren Status aus dem Rang des Gemahls ableitet und sich anmaßt, auf seinem Arbeitsplatz (in „seiner Firma“) anschaffen zu wollen. Dieses Rollenverständnis passt bestens zu dem von der ÖVP präferierten Familienmodell mit gut verdienendem Mann in gehobener Position und umtriebiger Gattin mit allerlei schicken Ehrenamterln, Hauspersonal inklusive. (Im Fall Nehammer wurde Letzteres anscheinend teilweise von der Cobra gestellt, auch das passt zum feudalen Selbstverständnis einer selbst ernannten Elite, die sich am Staat bedient, als gehöre er ihr. Und nicht zuletzt passt es zu einer Politik, die die Steuerlast gut verdienender Eltern durch Boni reduziert und am Kindergeld für Altenpflegerinnen – so sie aus ärmeren Ländern kommen – sparen will.)

Mit Feminismus hat das Rollenbild der gut situierten Gattin jedenfalls nichts zu tun. Die Hausfrau der gehobenen Stände war auch früher eine selbstbewusst auftretende Person und keine unterwürfige Mutti in der Kittelschürze. 

Problematisch wird es allerdings, wenn das selbstbewusste Auftreten einer Politikergattin den Charakter der Amtsanmaßung annimmt. 

Selbstverständlich darf die Frau eines Spitzenpolitikers eine politische Meinung haben und sie öffentlich äußern. Selbstverständlich darf sie auch einem Beruf nachgehen, der eine politische Positionierung erfordert. Inwiefern ihre Positionierung seiner Glaubwürdigkeit dann nützt oder schadet, muss sie mit ihm ausdiskutieren. Was sie aber nicht darf: sich von ihm in ein politisches Amt hieven lassen. Und ebenso wenig darf sie seine Position benützen, um ihre politischen Ambitionen auszuleben und die Berücksichtigung ihrer Meinung bei Entscheidungen zu erzwingen. 

Ist Einflüstern besser? Nicht besser, aber wenigstens kein Votum in offiziellen Sitzungen. Auch die kleinen Unterschiede sind wichtig. Anders gesagt: Die Einflussnahme kann man nicht verhindern. Aber das bedeutet nicht, dass man sie in den Rang eines zulässigen Instruments erheben muss.