Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl Eizellen spenden

Eizellen spenden

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Eizellen- und Samenspenden bleiben in Österreich fürs Erste weiterhin verboten. Zwei – ungewollt kinderlose – Ehepaare hatten dagegen geklagt, nun wurde die Klage in letzter Instanz vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgewiesen. Das Verbot sei nicht menschenrechtswidrig, es verstoße nicht gegen das Recht auf Achtung des Familienlebens. Allerdings erwartet die EU, dass Österreich seine Haltung zu dieser Frage dennoch überdenkt. Auf Dauer werde sich, heißt es, eine Anpassung an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse und die Fortschritte der Reproduktionsmedizin nicht vermeiden lassen.

Tatsächlich ist das Verbot eine Zumutung, wenn man es lediglich unter dem Aspekt sieht, dass der Staat Fortpflanzung nur ordnungsgemäß verheirateten heterosexuellen Paaren erlaubt, deren körpereigene Ei- und Samenzellenproduktion funktioniert.

So einfach ist die Sachlage jedoch nicht. Die Eizellenspende betrifft nicht nur diejenigen, die sie dringend brauchen würden, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen, sondern auch – und nicht zuletzt – die Spenderinnen. Und Eizellen zu spenden ist kein harmloser Vorgang.

Frauen, die Eizellen abgeben, spenden nicht etwas, ­wovon sie sowieso zu viel haben, sondern sie werden massiven Hormonbehandlungen ausgesetzt, damit sie im Laufe ­eines Zyklus 15 bis zwanzig befruchtbare Eizellen statt ­einer einzigen entwickeln. Sie werden, könnte man sagen, hormonell gedüngt wie ein Acker, aus dem man möglichst viel Ertrag herausholen will, und dann durch einen – keineswegs gefahrlosen – Eingriff abgeerntet (ja, so lautet der Terminus technicus). Die hohen Hormondosen haben belastende, gesundheitsgefährdende Nebenwirkungen, die Entnahme der Eizellen führt nicht selten zu Komplikationen, die Dauerschäden, etwa Unfruchtbarkeit, nach sich ziehen können und in manchen Fällen sogar zum Tod führen.

Eizellenspenderinnen finden sich deswegen vor allem in Ländern, wo große Armut herrscht. Jungen Frauen, die verzweifelt versuchen, ihrer materiellen Not zu entkommen, wird eingeredet, dass sie es auf diese Art schnell zu Geld bringen könnten, die gesundheitlichen Risiken werden ihnen verschwiegen. (Die gigantischen Summen, die sie als Entschädigung erhalten, bewegen sich übrigens um 250 Dollar herum.) Weltweit werden mit Eizellen mittlerweile profitable Geschäfte gemacht, an denen einschlägig spezialisierte Kliniken gut verdienen, im Gegensatz zu den Spenderinnen. Doch selbst wenn Letztere finanziell besser ausstiegen, bliebe die Frage der ethischen Vertretbarkeit ­offen.

Natürlich könnte man versuchen, die Risiken durch gesetzliche Vorgaben zu reduzieren, also Eizellenspenden nur unter bestimmten Bedingungen zu erlauben. Salopp gesprochen: Es dürften dann eben lediglich Eizellen aus streng kontrolliertem Anbau zum Einsatz kommen. Aber ­abgesehen von der Frage, ob diese Forderung tatsächlich realisierbar wäre, zeigt die Tatsache, dass sich eine solche Formulierung aufdrängt, den fragwürdigen Status, den die Eizellenspenderin trotzdem behält: Ihr Körper ist Rohstoffquelle, er wird benützt und (mehr oder weniger rücksichtslos) bearbeitet, um das verlangte Material zu liefern.

Wer an einem unerfüllten Kinderwunsch leidet, wird verständlicherweise andere Schwerpunkte setzen und einfach hoffen, dass eventuelle Spenderinnen schon nicht aus Not, sondern aus Nächstenliebe handeln und keine gesundheitlichen Schäden davontragen werden.

Auch beim Thema Organspenden differieren ja die Standpunkte je nach Betroffenheit. Wenn man nur durch eine Nierentransplantation weiterleben kann, will man sich nicht mit dem Missstand des Organhandels beschäftigen, sondern vor allem gerettet werden. Unerfüllte Kinderwünsche sind zwar nicht lebensbedrohend, aber doch eine schwere Beeinträchtigung der Lebensqualität. Die Sichtweise der jeweils Betroffenen ist also klar.
Der Staat hat freilich die Aufgabe, alle Standpunkte zu bedenken und dann zu entscheiden, was schwerer wiegt: das Bedürfnis nach Elternschaft oder der Schutz von potenziellen Eizellenspenderinnen, nicht zuletzt vor sich selbst. (Wer hier deren Selbstbestimmung ins Spiel bringt, übersieht zynisch, wozu Armut Menschen treiben kann.) Und er hat herauszufinden, ob und wie beides nicht doch vereinbar ist.

Was unsere PolitikerInnen dazu von sich geben, stimmt indes unfroh. Die einen beschwören stur die heile christliche Familie, die nicht bedroht werden dürfe, die anderen rufen flott das Menschenrecht auf Kinder für alle aus, ohne zu beachten, wer dabei zum Handkuss kommen könnte.

Bleibt: die Samenspende. Oh ja, die ist harmlos für die Spender. Allerdings sollte ihre Erlaubnis an ein Limit geknüpft sein, das dem einzelnen Mann nur eine begrenzte Anzahl von Spenden zugesteht. Je größer nämlich die Zahl ahnungsloser Halbgeschwister, desto größer die Gefahr ungewollten Inzests samt daraus resultierenden Erbkrankheiten. Diese Befürchtung ist, wie sich herausgestellt hat, durchaus realistisch, nicht zuletzt, weil Samenbanken häufig eine quasi homogene Klientel – Menschen aus dem Umland und aus ähnlichen Milieus – haben.

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