Elfriede Hammerl: Uterus-Leasing

Elfriede Hammerl: Uterus-Leasing

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Erfolgsmeldung aus Italien: Der schwule Linkspolitiker Nichi Vendola und sein Partner Eddy Testa sind Eltern eines Buben geworden. Den Samen spendete Testa, die Eizellenspenderin bleibt anonym, ausgetragen und – in ­Kanada – geboren hat das Kind eine US-Amerikanerin indonesischer Herkunft. Ein Etappensieg der Schwulenbewegung? Oder „abscheulicher Egoismus“, wie die Lega Nord befand? Die Reaktionen (nicht zuletzt in den sozialen Medien) sind, wie zu erwarten war, gespalten. Während die einen das arme Kind bedauern, dessen genetische Abstammung verwirrend ist, argumentieren die anderen mit der Liebe und Geborgenheit, die diesem Kind, im Gegensatz zu vielen anderen, gewiss sei. Auch über künstliche Befruchtung diskutiert man und darüber, ob gleichgeschlechtliche Elternpaare was Tolles oder strikt abzulehnen seien. Kaum thematisiert wird hingegen die Leihmutter, ohne deren Miet-Bauch kein Kind zustandegekommen wäre.

Unschönes Wort, Miet-Bauch? Ja, aber genau so ist es: Eine Frau wird angeheuert, ihren Uterus für die Dauer einer Schwangerschaft zur Verfügung zu stellen und danach ein Kind zu gebären. Entgeltliche Frauenkörperbenützung, diesfalls zum Zweck der Kinderwunscherfüllung. Der weibliche Organismus als Leasing-Nährboden für Zuchtnachwuchs betuchter Kunden (die allerdings nur betucht sein müssen, um horrende Vermittlungsgebühren an Zwischenhändler, zum Beispiel Fertilitätskliniken, zu bezahlen, denn die Leihmutter verdient an dem Deal in der Regel am allerwenigsten).

Leihmutterschaft ist temporäre Sklaverei, nichts anderes.

In der Debatte kein Wort dazu. Auch der von den Rechten gegeißelte „abscheuliche Egoismus“ bezieht sich nicht darauf, dass er zu Lasten der Leihmutter geht, sondern nur auf das „Widernatürliche“ an der Angelegenheit. Und warum kein Wort zur Leihmutter? Weil die Ausbeutung von Frauenkörpern eine lange Tradition hat, die hinzunehmen wir gewöhnt sind?

Keine Frage, dass uns die Befindlichkeit der Kinder ein wichtiges Anliegen sein muss, aber eins hebt das andere nicht auf. Das Schicksal der Leihmütter als nebensächlich anzusehen, ist arrogant und menschenverachtend. Um sie sollte sich die Diskussion als Erstes drehen, denn die Frage ihrer Zulässigkeit ist der Dreh- und Angelpunkt dabei. Sie machen die Kinder erst möglich, um die es in der weiteren Auseinandersetzung geht. Diese Frauen setzen aus wirtschaftlicher Not ihre Gesundheit, oft auch ihr Leben aufs Spiel. Sie werden reglementiert und kontrolliert wie Zuchtvieh. Wenn sie Pech haben, bleiben sie auf der bestellten Ware Kind sitzen, weil die AuftraggeberInnen ­Mängel (also zum Beispiel eine Behinderung) nicht akzeptieren wollen. Leihmutterschaft ist temporäre Sklaverei, nichts anderes. Die Sklavinnen finden sich in wirtschaftlich unterentwickelten Ländern und überall dort, wo es ein drastisches soziales Gefälle gibt – in Indien und Thailand in großer Zahl, in der Ukraine, aber auch in den USA, wo Leihmutterschaft in 18 Bundesstaaten legal ist.

Längst ist die Leihmutter als selbstverständliche Realität auch in der Populärkultur angekommen. Zum Personal neuerer Soaps gehört das schwule Quotenpaar (grundsätzlich ein löblicher Diversity-Tribut), das, wenn es zur Familiengründung schreitet, nach einer professionellen Gebärmutter Ausschau halten muss. (Schon wieder ein hässliches Wort, aber notwendig zur Präzisierung hässlicher Verhältnisse.) Tatsächlich werden Leihmütter zwar häufiger von heterosexuellen AuftraggeberInnen beschäftigt, aber in der Serienwelt kommen solche weniger oft vor. In jedem Fall wird die zu findende Kindesausträgerin als Dienstleisterin dargestellt, deren potenzielle Verfügbarkeit keine Skrupel hervorruft. So wird Leihmutterschaft in der öffentlichen Wahrnehmung zu einer lässigen Zuverdienstmöglichkeit wie das Schneidern von originellen Outfits.

Eine beunruhigende Entwicklung, die im Europarat und von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht auch noch vorangetrieben wird: durch die Erarbeitung internationaler Standards soll die Leihmutterschaft – gegen nationale Verbote (wie in Österreich) – global quasi legalisiert werden. Allerdings beginnt sich Widerstand zu formieren, international in Form der Kampagne „Stop Surrogacy Now/Stoppt Leihmutterschaft jetzt“1), und national auch in Österreich. Renommierte WissenschafterInnen aus den Bereichen Medizin, Psychologie und Soziologie äußern in einer aktuellen Presseaussendung große Besorgnis über das Vorhaben des Europarats, die Katholische Frauenbewegung rief am Internationalen Frauentag dazu auf, „Bemühungen auf allen entscheidenden Ebenen zu bündeln, um ein globales Verbot der kommerziellen Leihmutterschaft zu erwirken“, und die Homosexuellen-Initiative HOSI hat sich entschieden, den „Schutz der Frauen vor Ausbeutung“ über den „Kinderwunsch von schwulen Männern“ zu stellen. „Angesichts der wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen Arm und Reich“, heißt es im Forderungsprogramm der HOSI, sehe man die Gefahr von Ausbeutung und Zwang. Und weiter: „Vor diesem Hintergrund lehnen wir die Leihmutterschaft ab.“ Ja, so geht’s auch …