Elfriede Hammerl: Warum haben Frauen Trump gewählt?
Also, warum haben denn nicht alle Frauen Hillary Clinton gewählt? Und warum wählten – noch größeres Rätsel – auch Frauen Donald Trump? Diese Fragen bekomme ich immer wieder (mit spöttischem Unterton) gestellt. Hier ein paar Mutmaßungen.
Frauen haben Clinton nicht gewählt, weil sie …
… Vorbehalte gegen ihre politischen Zielsetzungen und/oder ihre politische Vergangenheit hatten. Das ist zulässig. Frauen müssen Frauen nicht bloß wegen ihres Geschlechts wählen.
… sie nicht realisieren wollten, dass keine Stimme für Clinton eine für Trump ist.
… Clinton hat, was sie auch gerne hätten, aber leider nicht haben: Ansehen, Einfluss, Geld. Dass Männer über (mehr) Ansehen, Einfluss und Geld verfügen, sind sie gewöhnt, einer Geschlechtsgenossin nehmen sie das jedoch neiderfüllt übel.
… nicht wahrhaben wollten, dass Clinton ihr privilegierter Status nicht in den Schoß gefallen ist – wenn man vom Schicksalsgeschenk einer brillanten Intelligenz absieht –, sondern dass sie ihn unglaublichem Fleiß und einer eisernen Selbstdisziplin verdankt. Frauen, die anderen Frauen verdiente Erfolge neiden, gehen gern davon aus, dass die Erfolge der anderen unverdient sind. Andernfalls müssten sie sich selber eventuell Bequemlichkeit vorwerfen.
… andere Frauen verachten. Indem sie auf andere Frauen hinunterschauen, erhöhen sie sich selber. Sie wollen was Besseres sein als Teil einer geringgeschätzten Gruppe.
Ausdrücklich Trump gewählt haben wahrscheinlich Frauen, die …
… an sexistische Sprücheklopfer ein Leben lang gewöhnt sind und denken, dass Männer so sein müssen.
… glauben, dass das, was Trump verkündet hat, ein annehmbares politisches Programm ist.
… sich wünschen, dass „Amerika wieder groß“ wird. Sie identifizieren sich dabei mit Amerika. Sie identifzieren sich lieber mit Amerika als mit den Frauen, denen Trump – verbal oder tatsächlich – zwischen die Beine gegriffen hat.
… andere Frauen verachten, um sich bei den Frauenverächtern einzuschleimen.
Tja. Frauen irren sich. Frauen sind fehlbar. Frauen haben keine Verpflichtung, besser oder klüger zu sein als Männer. Allerdings muss festgehalten werden, dass sich letztlich eine Mehrzahl von ihnen gegen Trump und für Clinton entschieden hat.
Interessant jedenfalls, wie nach Trumps Sieg sogleich die Opportunistischen – äh, Optimistischen – zum Beschwichtigen angetreten sind, um sich rechtzeitig den Ufern des neuen Mainstreams zu nähern. Bekanntlich fließt er ja längst auch durch Europa, es empfiehlt sich also, einen milden Blick auf rassistische, sexistische, nationalistische Autokraten zu entwickeln, wenn man nicht auf dem Trockenen sitzenbleiben will. Alles halb so wild. Keine Katastrophenbeschwörung. Wer weiß, vielleicht entpuppt sich Trump noch als überraschend liberal. Vielleicht war das ja nur Wahlkampfgetöse.
Aber nichts an Trump oder in seiner Biografie hat jemals darauf hingewiesen, dass er sich noch als überraschend liberal entpuppen könnte, und prompt zeigen seine ersten Personalentscheidungen, dass er genau derjenige ist, als der er sich ungeniert präsentiert hat. Er beruft ultrarechte, erzkonservative, wissenschaftsfeindliche, die Menschenrechte leugnende Hardliner in sein Team. Blöd gelaufen.
Van der Bellen darf nicht Hillary werden.
Schon jetzt ist absehbar, wie sich die – noch kritischen – Kurvenkratzer im Schönreden üben würden, falls Norbert Hofer die Präsidentschaftswahlen bei uns gewinnen sollte. Aber gut, dass er sich mit Trump gut stellen will. Na ja, nicht so übel, dass er sich um unsere alten Kronländer bemüht. Ach was, das hat er sicher nicht so gemeint.
Doch nichts deutet darauf hin, dass es Hofer nicht so meint, wenn er Österreich ans rechtsnationale Osteuropa andocken will, wo Meinungs- und Pressefreiheit mehr oder weniger abgeschafft sind und – in Polen – das Verfassungsgericht staatsstreichartig lahmgelegt wurde. Oder wenn er Straches Bürgerkriegsankündigung wegen der angeblich größer werdenden Spannungen in Österreich für begründet hält. Oder wenn er einer deutschnationalen Burschenschaft angehört, die die österreichische Nation als geschichtswidrige Fiktion ablehnt und den in der Verfassung verankerten Pluralismus durch eine wertkonservative Gemeinschaft ersetzen will.
Was Frauen anlangt, so unterlässt Hofer zwar Sprüche à la Donald Trump, sagt aber deutlich, was er meint. Die Gleichstellungspolitik der EU, die er als gesellschaftspolitische Strategie zur Auflösung der Familie bezeichnet, lehnt er ab. Frauenfördermaßnahmen will er gestrichen sehen, auch wenn sie der Beseitigung tatsächlicher Benachteiligungen dienen. Und die Fristenlösung soll zumindest mit einer Bedenkfrist gekoppelt werden, als würden Frauen derzeit leichtfertig Schwangerschaften abbrechen lassen.
Noch können wir aus Amerika lernen. Trump lässt sich nicht schönreden. Hofer wird sich nicht schönreden lassen. Wir haben die Wahl. Van der Bellen darf nicht Hillary werden.