Kolumne

Wer eine Frau ist

Konkurrenz auf High Heels um das Wohlwollen der Patriarchen.

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Ich bin eine Frau und einverstanden mit meinem biologischen Geschlecht. Das ist ein Glück. Es muss schlimm sein, Sexualität als Frau erleben zu wollen und mit einem Männerkörper geschlagen zu sein. Schwangerschaft erleben zu wollen und keinen Uterus zu haben. Als Frau von Männern begehrt werden zu wollen und von Männern nicht als Frau gesehen zu werden. Zum Beispiel. Ich beschreibe diese Form der Geschlechtsdysphorie, weil es vor allem die Aktivistinnen der Trans-Frauen sind, die aus der Feminismusdebatte eine Transgender-Debatte gemacht haben, und weil sie es sind, die diese Debatte mit großer Wut führen.

Ihre Wut gilt in hohem Ausmaß den von ihnen so genannten Cis-Frauen, Frauen also, die das Gefühl, im falschen Körper zu stecken, nicht kennen, zumindest nicht aus eigenem Erleben. Von ihnen fordern sie Anerkennung, Schutz und Solidarität ein. Aber sind sie ihrerseits solidarisch, respektvoll, verständnisvoll?

Manches an ihrer Vorgehensweise erinnert an die Misogynie der alten Patriarchen. Die Geringschätzung, mit der sie den sogenannten Cis-Frauen oft begegnen. Die Namen, die sie ihnen geben, von Cis – was suggeriert, dass die Mehrheit der Frauen bloß eine von vielen Unterkategorien einer Spezies sei – bis zu „TERF“ für jede Frau, die auch nur Fragen zur neuen Identitätspolitik stellt. Und die Feindseligkeit, mit der sie diese Cis-Frauen betrachten und die sie ihnen gleichzeitig unterstellen. So haben die alten Patriarchen auf die jungen Emanzen geschaut, angewidert und in ihrer Weltsicht gestört. 

Schmähende Kürzel für Männer sind nicht im Umlauf. Der wahre Widerpart für die Aktivistinnen der Trans-Frauen sind, so scheint es, die Bio-Weiber, die ihnen den Körper voraushaben, den sie sich wünschen. Für diese grobe Schlussfolgerung kriege ich bestimmt Prügel. Denn natürlich geht es den Aktivistinnen nicht um etwas so Hässliches wie Neid (den ich persönlich nicht per se verurteilenswert, sondern oft durchaus gerechtfertigt finde), es geht ihnen um das Etablieren eines bunten Angebots an verschiedenen Geschlechtern,  so vielfältig, dass am Ende die Cis-Frauen darin auf- und untergehen. Ist es begreiflich, dass das manche (Cis-)Frauen ein wenig unrund macht?

Wer verdient eigentlich am Hype um die Geschlechtervielfalt?

Solidarisch sollen sie sein und die Trans-Frauen als Frauen anerkennen, aber  mittlerweile habe ich den Eindruck, dass die Aktivistinnen der Trans-Frauen nicht einfach nur dazugehören, sondern als die „richtigeren“ Frauen gelten wollen. Es sieht aus, als wäre ein Konkurrenzkampf im Gange, nicht zur Abschaffung des Patriarchats, sondern um die Anerkennung der Patriarchen. Die Trans-Aktivistinnen kämpfen ihn mit den bewährten Methoden der Geschlechterungleichheit und präsentieren sich mit allen Attributen eines Rollenbilds, um dessen Überwindung sich die Frauenbewegung jahrzehntelang bemüht hat, sie präsentieren sich als Sexobjekte. 

Sich im falschen Geschlecht gefangen  zu fühlen, weil die Sehnsucht nach High Heels und 15 Zentimeter langen Fingernägeln übermächtig ist, diese Behauptung schien mir die Probleme der Geschlechtsinkongruenz immer zu diskreditieren, aber inzwischen denke ich, solche Requisiten werden offenbar als nötig angesehen, wenn man sich als begehrenswerte(re) Frau inszenieren und die auf Egalität bedachte Konkurrenz übertreffen möchte.

Das Patriarchat wäre nicht das Patriarchat, wenn es auf derlei Rollenspiele hereinfiele. Es lehnt Trans-Frauen in High Heels genauso ab wie Cis-Frauen in flachen Latschen, gibt eh genügend Cis-Frauen, die sich ausreichend sexy stylen. Das Patriarchat wird Trans-Frauen nie als richtige Frauen anerkennen, da sollen sich die Trans-Frauen nichts vormachen. Die Cis-Frauen können aber nichts dafür, und es bringt nichts, sie als Erfüllungsgehilfinnen des Patriarchats zu beschimpfen, wenn sie darauf hinweisen.

Die Cis-Frauen sind keine homogene Masse. Es gibt die alten Emanzen und die alten Anti-Emanzen, es gibt die große Masse derer, die einfach irgendwie durch einen anstrengenden Alltag kommen wollen, und es gibt junge Feministinnen, die in der neuen Geschlechtervielfalt einen großen Befreiungsschlag sehen, weil sie es satthaben, ständig mit dem gleichen langweiligen Zeug wie Einkommensschere, Unterhaltsfragen, Kinderbetreuungsdilemma etc. vollgelabert zu werden. Ist halt (noch) nicht ihre Lebensrealität, die, eh schon wissen, geplagte Alleinerzieherin in der schiachen kleinen Wohnung mit der gestiegenen Miete.

Sie reagieren ebenfalls mit angewiderter Ablehnung auf alle, die diese Geschlechtervielfalt auf eine bloße Rollenvielfalt reduzieren.

Vielleicht ist es an der Zeit, die Perspektive zu wechseln, die Cui-bono-Frage zu stellen und sich anzuschauen, wer aller verdient am Hype um die Geschlechtervielfalt. The Winner is …? Richtig, die Pharmaindustrie. Die plastische Chirurgie. Auch die medizinische Forschung, was prinzipiell gut ist, aber trotzdem die Frage aufwirft, ob alles ein Fortschritt ist, was gemacht werden kann, und ob es deswegen gemacht werden muss, Stichwort Uterustransplantation. Die Debatte hört noch lange nicht auf.