Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl What’s New, Pussy?

What’s New, Pussy?

Drucken

Schriftgröße

Also. Der Frauenbericht. Überrascht er uns? Eigentlich nicht. Das ist, zugegeben, auch nicht seine Aufgabe. Er sollte Fakten sammeln. Jetzt liegen sie auf dem Tisch. Frauen, besagen sie, sind besser ausgebildet als je zuvor. (Haben wir gewusst.) Sie sind erwerbstätiger als je zuvor, soll heißen, sie gehen in größerer Zahl der Erwerbsarbeit nach als zu früheren Zeiten. (Haben wir vermutet.) Sie machen nach wie vor zwei Drittel der unbezahlten Arbeit, Kinderbetreuung, Haushalt und Altenpflege sind anhaltend Frauensache. (Verblüfft uns nicht wirklich.) Und sie verdienen immer noch weniger als die Männer. Nein, nicht immer noch, sondern immer weniger, denn die Einkommensschere geht weiter auf. Das finden wir dann doch einigermaßen befremdlich.

Obwohl, die Gründe, die dafür ins Treffen geführt wurden – nicht vom Frauenbericht, sondern in diversen Kommentaren aus Medien und Politik –, sind auch nicht neu: Frauen arbeiten in großer Zahl Teilzeit. (Eh klar, sie müssen ja auch noch, siehe oben, Kinder, Haushalt und Altvordere schupfen.) Sie kaprizieren sich auf so genannte Frauenberufe, die schlechter bezahlt werden als so genannte Männerberufe. Statt gesellschaftlich wichtige Arbeit in technischen Branchen zu leisten, interessieren sie sich fürs unwichtige Soziale. Und sie sind Weicheier bei Gehaltsverhandlungen – geben sich viel zu früh zufrieden und neigen dazu, den Sinn einer Tätigkeit wichtiger zu nehmen als das, was sie einbringt.
Ja dann. Und was weiter?

Na, einfach weiter so, befanden manche (männlichen) Auskenner. Weil jetzt haben wir die Bestätigung, Frauen wollen halt nur Teilzeitjobs. Frauen wollen sich mehr um Kinder und Haushalt kümmern als Männer. Frauen möchten, dass die Männer die Hauptverdiener bleiben. Ist doch wurscht, wer mehr verdient, am Ende kommt alles in einen Haushaltstopf, und beide nehmen sich heraus, was sie brauchen.

Hat auf den ersten Blick was für sich. Vielleicht signalisiert es ja tatsächlich ein Beharren auf alten Rollenmustern, wenn der Anstieg der weiblichen Erwerbsquote vor allem auf einen Anstieg der Teilzeitjobs für Frauen zurückzuführen ist. Fragt sich nur, wer beharrt.

Das alte Lied: Reißen Frauen Haushalt und Kinder genital programmiert an sich, oder machen sie, was gemacht werden muss, weil die Männer zu wenig machen?

Irgendwie neige ich nach wie vor dazu, mir nicht vorstellen zu können, dass – noch dazu gut ausgebildete – Frauen lieber unbezahlt hinter Mann und Kindern herräumen, statt ihre Ausbildung in anständig entlohnten Jobs anwenden zu wollen. Und wenn man überdies in Betracht zieht, dass der gemeinsame Haushaltstopf im Fall einer Scheidung (für den statistisch inzwischen eine mehr als 30-prozentige Wahrscheinlichkeit spricht) ganz schnell in zwei sehr ungleiche Teile zerfallen kann, haut die Interpretation, das berufliche Fortkommen zugunsten häuslicher Dienstleistungen zurückzustellen entspreche einem urweiblichen Bedürfnis, nicht ganz hin.

Jede vierte teilzeitbeschäftigte Frau sagt denn laut Frauenbericht auch, dass sie lieber Vollzeit arbeiten würde, jede zweite gibt als Grund für ihr berufliches Leisertreten Betreuungspflichten an. Was eben nicht bedeutet, dass es sich beim Spagat zwischen limitierter Berufstätigkeit und der Hauptverantwortung für Kinder (und möglicherweise Alte) um eine absolut frei gewählte ­Lebensform handelt.

Bleiben die anderen Begründungen, die das Einkommensgefälle rechtfertigen sollen. Und die sind ja nun überhaupt, wie man früher so schön sagte, starker Tobak.

Wieso werden Männerberufe stets mit größter Selbstverständlichkeit über Frauenbranchen gestellt, ohne dass die Berechtigung dieses Rankings auch nur im Geringsten angezweifelt wird? Was macht Tätigkeiten, die überwiegend von Männern ausgeführt werden, grundsätzlich wertvoller als Tätigkeiten, denen überwiegend Frauen nachgehen? Kein Wunder, dass Frauen nix verdienen, wenn sie sich für Schönheit, Menschen, Kunst und Sprachen interessieren statt für Motoren und Bilanzen? Warum kein Wunder? Wollten wir in einer Welt leben, in der es nur noch um Technik und Kapitalflüsse geht? Können wir auf soziale Kompetenz verzichten?

Dass die schlechte Bezahlung in so genannten Frauenberufen nicht notwendigerweise von der relativen Überflüssigkeit dieser Tätigkeiten diktiert wird, zeigt sich immer dann, wenn sich Männerdomänen in gemischt frequentiertes Territorium verwandeln. Dann sinken nämlich die vordem höheren Löhne, was demonstriert, wem die Geringschätzung gilt: nicht der Branche, sondern den Frauen, die sich darin ausbreiten.

Verwunderlich auch der Vorwurf, Frauen seien schlechte Verhandlerinnen, weil es ihnen mehr als aufs Geld darauf ankomme, sich an ihrem Arbeitsplatz wohlzufühlen und einer in ihren Augen sinnvollen Aufgabe nachzugehen.

Jetzt einmal ehrlich: Wenn unsere Arbeitswelt Menschen dafür bestraft, dass sie sinnstiftenden, befriedigenden Tätigkeiten nachgehen, statt bloß möglichst viel Geld cashen zu wollen – stimmt dann was mit diesen Menschen nicht, oder sollten wir uns vielleicht fragen, was in unserer Arbeitswelt nicht stimmt?

Im Übrigen und jedenfalls ein Ja zur angestrebten Einkommenstransparenz. Vergleichsmöglichkeiten nützen beim Verhandeln.

[email protected]