Franz Schellhorn: Die Scheckbuch-Republik
Franz Schellhorn
Der Direktor des Thinktanks Agenda Austria schreibt regelmäßig Gastkommentare für profil.
Vergangenen Dienstag hat die türkis-grüne Bundesregierung also mit großem Tamtam ihr Anti-Teuerungs-Paket präsentiert. Aber was ist von den milliardenschweren Hilfszahlungen zu halten? Beginnen wir mit dem Positiven: Die Sozialleistungen an die Inflation zu koppeln, ist ebenso einen kleinen Applaus in Richtung Bundesregierung wert wie die Abschaffung der kalten Progression. Der Staat wird den ohnehin hoch besteuerten Bürgern künftig nicht auch noch die Inflationsabgeltung der Löhne besteuern. Das ist würdig und recht, zumal die kalte Progression unbarmherzig zuschlägt. Eine Arbeitnehmerin, die 2016 knapp 30.000 Euro brutto im Jahr verdiente und seither nur die Inflation abgegolten bekommen hat, durfte sich fünf Jahre später über zehn Prozent mehr Gehalt freuen. Sie zahlte aber um 17 Prozent mehr Steuer. Obwohl besagte Arbeitnehmerin in keine höhere Steuerklasse vorgerückt ist und der Eingangssteuersatz gesenkt wurde.
Wie das möglich ist? Ganz einfach. Obwohl sie heute real nicht mehr verdient, ist der Anteil ihres zu versteuernden Einkommens gestiegen. Willkommen in der Steuermühle der Republik Österreich. Ohne kalte Progression würde jemand, der in derselben Steuerklasse um zehn Prozent mehr verdient, auch um zehn Prozent mehr Steuern zahlen. Die Bundesregierung hätte diese Unsitte ganz einfach aus der Welt schaffen können, indem die Tarifstufen jährlich automatisch um die Inflation erhöht werden. Dafür kämpft die Agenda Austria seit den Tagen ihrer Gründung.
Das Geld kommt nicht vom Staat, sondern von den Steuerzahlern.
Stattdessen kommt es zu einer typisch österreichischen Lösung mit recht komplizierter Durchführung. Die Tarifstufen werden nur um zwei Drittel der jeweiligen Jahresinflation erhöht, das verbleibende Drittel sollte zwar auch zurückgegeben werden – aber an wen, darf die jeweilige Regierung freihändig entscheiden. Aber wir wollen nicht kleinlich sein, die neue Lösung ist zweifelsfrei besser als die alte. Die Zeiten, in denen Regierungen den Steuerzahlern still und leise das Geld aus der Tasche ziehen, um es ihnen kurz vor den Wahlen teilweise wieder zurückzugeben und das Ganze dann als „die größte Entlastung“ seit Christi Geburt abzufeiern, scheinen jedenfalls vorbei zu sein. Sehr zum Leidwesen vieler staatsnaher Ökonomen und Juristen, die nun fürchten, dass der Staat jeden Spielraum für „steuerpolitische Akzente“ verloren habe. Budgetären Spielraum schaffen sich zivilisierte Volkswirtschaften aber nicht durch versteckte Steuererhöhungen, sondern durch solides Haushalten. Staaten wie Schweden oder die Schweiz leben es vor.
Solides Haushalten scheint hierzulande allerdings immer mehr aus dem Blickpunkt zu rücken. Die Bundesregierung ist nämlich am besten Wege, einen Fehler aus der Corona-Pandemie zu wiederholen und das Land mit Geld zuzuschütten. Selbst professionelle Beobachter haben angesichts der unzähligen Boni und Einmalzahlungen längst den Überblick verloren. Bei jedem finanziellen Schaden rückt der Staat aus, um sein Scheckbuch zu zücken und die Bürger schadlos zu halten. Auch wenn alle Bewohner dieses Landes die aktuelle Teuerungswelle spüren, sind zum Glück nicht alle zur Gruppe der Bedürftigen zu zählen.
Dennoch werden auch jetzt vom Arbeitslosen bis zum Spitzenverdiener jedem Bürger 500 Euro in die Hand gedrückt, für jedes Kind bekommen die Eltern noch einmal 250 Euro extra. In Summe werden bis 2026 rund 28 Milliarden lockergemacht. Nun ist es sehr nett von der Regierung, die Bürger vor den pekuniären Folgen der Inflation zu schützen. Aber das Geld kommt nicht vom Staat, es kommt von den Steuerzahlern. Deren Geld auf diese Art und Weise auszugeben, ist weder treffsicher noch eine dauerhafte Lösung. Schon gar nicht dämpft es die Inflation, vielmehr stärken die flächendeckenden Boni die Nachfrage und erhöhen damit den Druck auf die Preise. Letztere steigen ja deshalb so stark an, weil eine hohe Nachfrage auf ein eingeschränktes Angebot trifft. Wir leiden also unter einem zu schwachen Angebot, während die Regierung permanent die Nachfrage weiter stimuliert.