Zurück zum Wachstum
Das WIFO hat gerade seine ernüchternde Mittelfristprognose für die Jahre 2025 bis 2029 vorgestellt. Sie zeigt, dass die nächste Regierung ambitionierte Reformen angehen muss, um das Wirtschaftswachstum zu beleben. Sonst kommen der soziale Zusammenhalt und der ökologische Umbau unter die Räder.
Das langfristig durchhaltbare Wirtschaftswachstum liegt in den nächsten fünf Jahren bei wenig mehr als ein Prozent. Das Budgetdefizit bleibt ohne Maßnahmen bis 2029 über der Drei-Prozent-Grenze. Und die Industrie tut sich im internationalen Wettbewerb schwer. Die multiplen Krisen seit 2019 werden bis 2029 kumulativ zwischen 105 und 225 Milliarden Euro an Wertschöpfung gekostet haben. Pro Einwohner sind das bis zu 25.000 Euro. Die schlechte Stimmung im Land ist angesichts dieser Zahlen nicht überraschend. Österreich wurde von der Coronakrise, den folgenden Lieferkettenverwerfungen und der Energiepreiskrise stärker getroffen als die meisten anderen OECD-Staaten. Die Regierung hat mehr als andere Länder getan, um in den Krisen Wirtschaft und Kaufkraft durch verschiedene Zuschüsse und Subventionen zu stabilisieren. Die Sozialpartner erreichten sogar eine Stabilisierung der Reallöhne leicht über dem Niveau von 2019. Die verfügbaren realen Einkommen der Haushalte liegen aktuell sogar um 5,9 Prozent höher, bereinigt um das Bevölkerungswachstum immerhin noch um knapp zwei Prozent. Das ist ein Erfolg – einerseits.
Andererseits treten die Kosten dieser Maßnahmen angesichts der nun schon zwei Jahre dauernden Rezession sehr deutlich hervor. 2024 liegt der Realwert des BIP pro Kopf – ein Maß für die real verfügbaren Ressourcen – um circa vier Prozent unter dem Vorkrisenwert von 2019. Steigende Haushaltseinkommen bei schrumpfender Wirtschaftsleistung können zwingend nur mit Budgetdefiziten oder mit fallenden Einkommen im Unternehmenssektor oder mit beidem gleichzeitig einhergehen. Für 2025 erwartet das WIFO ein Defizit von circa 20 Milliarden Euro und eine aufgrund hoher Lohnabschlüsse – als Folge hoher Inflation – weiter sinkende internationale Wettbewerbsfähigkeit.
Wie immer man es dreht: Es wird schmerzhaft werden.
Der Staat muss das Budget sanieren – nicht weil Brüssel das vorgibt, sondern weil sonst die Bonität sinkt und die Kreditkosten steigen, und zwar für die ganze Wirtschaft. Aber eine allzu ambitionierte Budgetsanierung könnte das Wachstum auch in den kommenden Jahren ausbremsen, egal ob sie ausgabenseitig oder einnahmenseitig erfolgt. Daher braucht es einen glaubwürdigen Konsolidierungsplan, der langfristig die staatliche Ausgabenquote auf maximal 50 Prozent drückt. Das heißt, dass vor allem ausgabenseitige Maßnahmen notwendig sind. Kurzfristig wird es aber ohne Steuererhöhungen nicht gehen. Diese sollten nur in Bereichen erfolgen, wo wenig konjunktureller Schaden droht. Wie immer man es dreht: Es wird schmerzhaft werden. Daher sollten die unpopulärsten Maßnahmen als Erstes gemacht werden.
Zur Person
Gabriel Felbermayr ist Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien).
Gleichzeitig muss die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie wiederhergestellt werden. Dafür braucht es effizienzorientierte Reformen. Zum Beispiel im Steuer-, Abgaben- und Transferrecht, das gesamtheitlich gesehen werden muss. Das Ziel sollte sein, die Arbeitsanreize zu stärken – in jenen Bereichen, in denen Teilzeit oder Nichterwerbstätigkeit häufig sind. Die neue Bundesregierung muss sich mit Macht dafür einsetzen, dass der Europäische Binnenmarkt wieder zur Wachstumsquelle wird. Das ist gerade angesichts des international grassierenden Protektionismus, der unsere Exportchancen außerhalb Europas einschränkt, überaus wichtig. Und im Bereich der ökologischen Transformation geht es darum, den von der letzten Regierung erfolgreich eingeschlagenen Weg weiterzugehen, allerdings mit einem stärkeren Fokus auf Effizienz und Effektivität der Maßnahmen, mit mehr Markt und weniger Bürokratie. Und, ganz zentral, auch hier mit einem ganzheitlichen Ansatz, der vor allem die Energiepreise für Haushalte und Wirtschaft im Blick hat. Die Energiepreiskrise von 2022/23 darf sich nicht wiederholen.
Zu Beginn einer neuen Legislaturperiode muss ein schlüssiges und glaubwürdiges Programm für Österreichs Wirtschaft oberste Priorität haben. Nur so kann das Vertrauen zurückkommen und damit die Lust am Konsumieren und Investieren.