Georg Hoffmann-Ostenhof

Georg Hoffmann-Ostenhof Warum wir super sind

Warum wir super sind

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Die Deutschen sind ja wirklich super. Das wurde einem erst so recht anlässlich der jüngsten deutschen Kicker-Festspiele in Madrid und Barcelona bewusst. Meine Kollegen legen auf eindrücklichste Weise die mannigfaltigen ­Erfolge unserer nördlichen Nachbarn dar und zeigen die vielen Bereiche auf, in denen diese die Champions sind.

Man könnte fast großdeutsche Anwandlungen bekommen und sich insgeheim fragen, ob es für die Österreicher historisch vielleicht nicht doch besser gewesen wäre, nach dem Ersten Weltkrieg Bürger der neuen deutschen Republik zu werden, anstatt Alpenrepublikaner, also Staatsbürger eines Staates, den damals „keiner wollte“. Die Siegermächte sagten „Nein“. So wie sie auch 1945 darauf beharrten: Österreich muss als Kleinstaat wieder entstehen. Nach Hitler war eine gemeinsame deutsch-österreichische Entwicklung einfach nicht drin. Auch wenn im Rückblick eine hypothetische Geschichte von Nachkriegs-Österreich als Teil einer – vom Westen kontrollierten und erzogenen – Bundesrepublik Deutschland nicht so erschreckend gewesen wäre. Es hat eben nicht sein sollen.
Bei aller aktuellen Bewunderung für die Tüchtigkeit der Deutschen und bei allem Neid auch, der entstehen kann, wenn man sieht, um wie viel zivilisierter und niveauvoller deren Politik ist: Verstecken müssen wir uns auch wieder nicht. Ganz im Gegenteil.

Mag sein, dass wir als Fußballfans allen Grund haben, unpatriotisch zu werden. Und unsere Autoindustrie ist trotz des umtriebigen Magnaten aus Steirisch-Kanada, verglichen mit jener der Deutschen, eine quantité négligeable. Aber die Zeiten sind vorbei, da Österreich in den internationalen Medien nur vorkam, wenn es um unverbesserliche Nazoide und perverse Kellerbesitzer ging. Heute wird da neugierig und andächtig gefragt: Wie macht ihr da bloß? Wie konntet ihr Österreicher die Weltwirtschaftskrise so viel besser überstehen als die anderen? Was ist euer Geheimnis?

Tatsächlich liegt Österreich bei fast allen makroökonomischen Kennziffern wenn nicht ganz an der Spitze, dann an den vorderen Plätzen der Rankings. Hier sollen keine Zahlen genannt werden. Aber wir sind sogar – siehe das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf – reicher als die Deutschen. Wir haben die im Euroraum geringste Arbeitslosigkeit, vor allem bei den Jungen. Die globale Krise war zwischen Boden- und Neusiedlersee nie wirklich spürbar. Die Wirtschaft insgesamt und die Industrieproduktion im Besondern wachsen zwar nur schwach, aber stärker als in den meisten anderen EU-Ländern. Wir verzeichnen keinen Exporteinbruch. Der Tourismus boomt. Jahr für Jahr wird Wien zur lebenswertesten Stadt der Welt erklärt. Und der heimische Film ist inzwischen in Hollywood angekommen.

Langsam begreift auch die traditionell raunzende Öffentlichkeit im Land, wie gut es uns Österreichern eigentlich geht. Und was soll dem fragenden Besucher gesagt werden, warum das so ist? Hier einige tentative Antworten:

1. Wir teilen einige Vorzüge mit den Deutschen: Wir erlebten im Unterschied zu anderen entwickelten Ländern keine Deindustrialisierung und haben eine robuste und ­dynamische klein- und mittelbetriebliche Industrie. Bewundert wird allgemein das so genannte duale Ausbildungssystem, in dem die Jungen parallel im Betrieb und in der Berufsschule lernen. Mit dem Resultat: Die Wirtschaft kann auf eine besonders fähige Facharbeiterschaft zurückgreifen.

2. Wir haben zudem geopolitisches Glück: Nicht nur sind wir aufs Engste mit der starken deutschen Wirtschaft verflochten. Mit den neuen EU-Staaten im Osten haben wir trotz allem nach wie vor wachsende Märkte direkt vor unserer Haustür – eine Region zu der außerdem historisch quasi verwandtschaftliche Verbindungen bestehen.

3. Ebenfalls Glück: Kultureller Reichtum und landschaftliche Schönheit machen Österreich zu einer der großen und erfolgreichen Urtlaubsdestinationen.

4. Die relative Stärke dessen, was man früher Arbeiterbewegung genannt hat (Gewerkschaft, Sozialdemokratie, „rotes Wien“), war Ausgangspunkt und Basis für die Sozialpartnerschaft. Diese sichert sowohl den sozialen Frieden, als auch die Stabilität und Widerstandsfähigkeit eines entwickelten Wohlfahrtsstaats. Auf dieser Grundlage konnte auch die so erfolgreiche Strategie der öffentlich gesponserten Kurzarbeit verfolgt werden, die dazu beigetragen hat, die Arbeitslosenzahlen trotz Krise niedrig zu halten.

5.
Schließlich vergisst man über dem so populären und zuweilen auch berechtigten Beamten-Bashing oft, dass Österreich hervorragend verwaltet ist. Die Gründe dafür liegen in den Tiefen der Geschichte: Um den Vielvölkerstaat mit seinen mannigfachen Sprachen, kulturellen und religiösen Milieus administrativ auf einen Nenner zu bringen und zusammenzuhalten, bedurfte es einst gewaltiger struktureller Intelligenz – die sich aber mit dem Untergang der Monarchie und der Entstehung der alpenländischen Republik nicht verflüchtigte. Die vergleichsweise blendend funktionierenden öffentlichen Einrichtungen und die fähige, zuweilen sogar innovative österreichische Bürokratie dürften wir somit weitgehend dem k.u.k.-Erbe verdanken.

Natürlich ist diese Aufzählung unvollständig. Leser, ­denen noch weitere Gründe dafür einfallen, warum wir ­Österreicher so super sind, mögen sich bitte melden.

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