Gustav ans an Gustav zwa
Gaby Schwarz bekam bisher nicht die öffentliche Aufmerksamkeit, die sie verdient. Dabei bekleidet sie einen eminent wichtigen Posten, sitzt sie doch im Generalsekretariat der ÖVP. Im türkisen Selbstverständnis ist sie also durchaus eine der höhergestellten Eigentümerinnen dieser Republik. Allerdings ist Frau Schwarz – obwohl fraglos deutlich überqualifiziert – dortselbst bedauerlicherweise nur stellvertretende Generalsekretärin. Und da das p. t. Publikum ja beklagenswerterweise generell immer unaufmerksamer wird, kann es durchaus sein, dass der eine oder die andere gar nicht einmal so genau weiß, wer denn da einspringt, wenn der eigentliche Boss, also der große Axel Melchior, einmal verhindert ist.
Vergangene Woche war Herr Melchior dies offenbar wieder einmal, und zwar in einer Angelegenheit, die ob ihrer Dramatik nun wirklich keinen Aufschub duldete. Also musste Gaby ran. Und das war ein absoluter Glücksfall. Denn nach der gelinde gesagt denkwürdigen Pressekonferenz, mit der sie dann i. V. Furore machte, weiß jetzt endlich das ganze Land, wozu sie fähig ist. In ihrem Auftritt, den man eigentlich als völlig neue Form einer paradoxen Intervention sehen muss, entrüstete sie sich einerseits ausgiebig darüber, dass ihr Gerüchte über eine bevorstehende Razzia in der türkisen Parteizentrale zu Ohren gekommen wären, und verlangte quasi ultimativ von nicht näher benannten Ermittlungsbehörden Aufklärung darüber, ob das denn stimme. Und richtete ihnen aber im selben Atemzug und nicht ganz unhämisch auch gleich aus, sie würden ohnehin nichts mehr finden – da die neue oberste Maxime verantwortungsvoller türkiser Regierungspolitik offenbar lautet: „Alles löschen! Sofort!!“ Manche meinten darin gar einen verklausulierten Aufruf an die gesamte türkise Funktionärsriege zu erkennen, man möge bitte dringend handeln, bevor am Ende morgen früh ein unbotmäßiges Amtskapperl an der Tür klingle, das keinen Respekt vor dem ach so neuen Regieren der Türkisen zeigt.
Trotzdem bleiben nach der bizarren, in Pressekonferenzform gegossenen Psychostudie einer Partei, deren Paranoia langsam nur noch von ihrer Arroganz übertroffen wird, noch mehrere Fragen offen. Die allererste: Diese Ermittler scheinen ja ihre Tätigkeit laufend auszudehnen, offenbar wurden dem Casino-Akt wieder ein paar, noch geheime, neue Seiten hinzugefügt, deren Inhalt noch niemand außer den Verfassern kennt. Aber: Wurde die Tätigkeit der Ermittler vielleicht auch endlich einmal auf etwas Sinnvolles ausgedehnt? Also zum Beispiel auf den Busfahrer, der Frau Schwarz kurz vor ihrem Auftritt gestreift haben muss? Der Mann muss umgehend zur Verantwortung gezogen werden – um das zu fordern, braucht man nun wirklich kein Türkiser sein –, angesichts der für das ganze Land hörbaren dramatischen Folgen, die dieses Ereignis hatte. Da muss die volle Härte des Gesetzes her. Law and Order ist ja durchaus etwas, das sich Caesar Kurz und seine Prätorianergarde sehr gerne auf ihr Fähnchen im Wind heften. Aber dies natürlich nur in jenen Fällen, in denen nicht irgendwelche linksextremen Impertinenzler in staatsanwaltschaftlicher Camouflage auf die schon per se skandalöse Idee verfallen, auch die ÖVP sollte sich selbst tunlichst ans Law halten.
Noch eine Frage: Muss die Gattin von Gernot Blümel – sofern die güldenen Worte von Frau Schwarz in den eigenen Reihen auf fruchtbaren Boden gefallen sind, was wir natürlich sehr stark hoffen wollen – in nächster Zeit möglicherweise mit noch viel mehr Laptops in den Park spielen gehen? Oder: Wird es in einer eventuellen neuen Koalition mit wem auch immer zur Bedingung, dass der Justizminister Andreas Hanger heißt und in seiner ersten Amtshandlung dekretieren darf, dass Razzien ab sofort im Amtsblatt, auf Facebook und mittels eines von einem Flugzeug über den Wiener Himmel gezogenen Spruchbands fristgerecht – also drei Wochen zuvor – anzumelden sind?
Und eine weitere Frage, die sich die ÖVP möglicherweise irgendwann einmal auch selbst stellen könnte, wenn nicht der Grökaz offensichtlich den Ukas ausgegeben hätte, sich als Regierungspartei in einem doch irgendwie noch demokratischen Land gegenüber der Justiz wie eine Mischung aus Gutsherr und Hooligan aufzuführen, wäre: Welches Bild geben wir da bitte ab? Die Geringschätzung und Rotzigkeit, die Sebastian Kurz bei seiner Einvernahme dem völlig professionell und korrekt agierenden Richter gegenüber an den Tag legte, ist des Staatsmannes, der er so viel gern wäre, wirklich wahnsinnig würdig. Wie so vieles andere hat er sich auch diese Rolle beim liebsten Koalitionspartner, den er jemals hatte, abgeschaut. Die von allen verfolgte Unschuld gab Jörg Haider schon vor 30 Jahren am überzeugendsten. Auch HC Strache tat diesbezüglich lange sein Bestes. Kurz ist auch hier ein würdiger Epigone. Und ein armseligeres Lob kann man eigentlich kaum einheimsen.