Was gegen Klimawandel-Mythen wirkt
Es ist höchste Zeit, dass wir Klartext sprechen: Wir haben als Menschheit ein Problem. Die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen erhitzen das Klima, und zwar in einem so rasanten Tempo, dass wir Gefahr laufen, große Teile des Planeten für den Menschen unbewohnbar zu machen. Die Forschung liefert hier einen sehr klaren, alarmierenden Befund, aber ein Problem ist auch: Dieser Befund wird oft nicht ernst genug genommen – oder auch mittels Falschmeldungen (in und außerhalb des Internets) verharmlost. Vielleicht kennen Sie folgende Zahl: 97 Prozent der Klimaforschenden kommen zum Schluss, dass ein vom Menschen verursachter Klimawandel stattfindet.
Auch in Österreich lässt sich beobachten, dass Falschmeldungen und irreführende Behauptungen über die Klimakrise auf fruchtbaren Boden stoßen. Dazu gibt es eine neue Studie aus Österreich, die das aufzeigt. Österreichische Jugendliche zwischen 14 und 19 mussten unter anderem einschätzen, wie groß der Konsens in der Klimaforschung ist, ob ein menschenverursachter Klimawandel stattfindet (wie schon erwähnt: 97 Prozent der Forschenden gehen davon aus). Im Schnitt stuften die Jugendlichen den Konsens etwas geringer ein, als er tatsächlich ist. Selbst bei Jugendlichen, die noch viel mehr von den Folgen der Klimakrise betroffen sind, scheint nicht allen bewusst zu sein, wie deutlich der Forschungsstand hier ist. Und die Untersuchung ergab: Irreführende Behauptungen zur Klimaforschung hatten eine negative Auswirkung. „Auch die Generation der 14- bis 19-Jährigen ist nicht vor Fehlinformation gefeit“, sagt der Forscher Thomas Schubatzky von der Universität Innsbruck.
Er und seine Kollegin Claudia Haagen-Schützenhöfer von der Universität Graz legten einem Teil der Jugendlichen eine irreführende Behauptung rund um die Klimakrise vor: Seit Jahren geistert die sogenannte Oregon-Petition durchs Netz, die behauptet, viele Wissenschafter und Wissenschafterinnen würden nicht daran glauben, dass Treibhausgase die Erderwärmung verursachen. Das Dokument wird gerne von Menschen, die die Klimakrise verharmlosen, zitiert. Mehr als 31.000 Menschen mit naturwissenschaftlichem Abschluss in den USA haben diese Petition unterzeichnet – allerdings ist sie methodisch umstritten, weil auf der Unterschriftenliste auch Namen wie Charles Darwin (der 1882 starb) oder ein Bandmitglied der Spice Girls stehen. Hinzu kommt: Kaum jemand der Unterzeichnenden ist tatsächlich Klimaforscher oder Klimaforscherin. Hier wird der Trick der „Fake Experts“ angewandt: Die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf einem Fachgebiet werden von Personen angezweifelt, die vielleicht auf den ersten Blick wissenschaftlich anmuten, die aber genau genommen keine Fachexpertise auf dem Gebiet haben. Dass solche Tricks funktionieren, zeigte auch die Studie.
Seit Jahren geistert die sogenannte Oregon-Petition durchs Netz, die behauptet, viele Wissenschafter und Wissenschafterinnen würden nicht daran glauben, dass Treibhausgase die Erderwärmung verursachen. Das Dokument wird gerne von Menschen, die die Klimakrise verharmlosen, zitiert. Aber: Kaum jemand der Unterzeichnenden ist tatsächlich Klimaforscher oder Klimaforscherin.
Denn jene Jugendlichen, die diese irreführende Petition vorgelegt bekamen, schätzten den Fachkonsens zum menschenverursachten Klimawandel deutlich geringer ein als die übrigen Befragten. Der Kontakt mit nur einer Fehlinformation führte dazu, dass wissenschaftliche Ergebnisse stärker relativiert wurden. Das ist deshalb ein Problem, weil wir als Gesellschaft dringend ernst zu nehmende Schritte gegen die Erderhitzung setzen müssen – doch wenn ein Teil der Bevölkerung das Thema nicht ernst genug nimmt, werden solche Schritte ausbleiben.
Die Studie gibt mir zu denken. Selbst diese Generation, die für mich oft aufgeklärt oder gar alarmiert über die Klimakrise wirkt, ist für Falschmeldungen anfällig. Gleichzeitig gibt die Untersuchung aber auch Grund zur Hoffnung: Die Forschenden testeten darin, ob man Jugendliche präventiv vor solchen Mythen schützen kann. Man nennt das die Methode der „Inokulation“. Menschen werden zuerst über einen speziellen Typ von Falschmeldung informiert. Und dann wird ihnen eine konkrete Falschmeldung geschildert – inklusive der Information, weshalb diese eben inhaltlich falsch oder unlogisch ist. Ein Teil der Jugendlichen bekam eine solche Warnung zur Oregon-Petition vorgelegt. „Das hat gut funktioniert: Die Inokulation erlaubte es Jugendlichen, dass sie sich gedanklich vor solchen Fehlinformationen schützen konnten, dass sie umso sicherer waren, wie groß der wissenschaftliche Konsens über den menschenverursachten Klimawandel ist“, sagt Schubatzky.
Er und seine Kollegin Haagen-Schützenhöfer arbeiten auch daran, dieses Wissen in der Lehramtsausbildung einzubauen und angehenden Lehrern und Lehrerinnen die Methode der Inokulation beizubringen. Ich finde es großartig, dass es derartige Forschung auch in Österreich gibt und sie potenziell künftig in Klassenzimmern mit einfließt. Für mich verdeutlicht diese Studie: Falschmeldungen haben eine Wirkung. Sie können dazu führen, dass Menschen an soliden Forschungsergebnissen zu zweifeln beginnen – aber gleichzeitig sind wir nicht wehrlos. Wir können daran arbeiten, dass immer mehr Menschen, auch Jugendliche, solche Methoden der Irreführung durchschauen. Gerade in der Klimathematik sollten wir umso öfter die Methode der Inokulation anwenden, weil wir Klartext sprechen müssen und weil uns die Zeit fehlt, uns von Falschmeldungen und irreführenden Behauptungen ablenken zu lassen.