Kanzler, Klima, Barbie-Hype: Das waren die Online-Aufreger 2023
Jänner: Künstliche Intelligenz ist das Thema des Jahres. ChatGPT erreicht laut dem Unternehmen Similarweb im Jänner 100 Millionen monatliche aktive Nutzer:innen. Gut einen Monat vorher startete ChatGPT und zeigt, wie mächtig die Anwendungen der KI geworden sind. Nicht alle sind begeistert: So hat ChatGPT einen Song „im Stil von Nick Cave“ verfasst. Musiker Cave selbst dazu: „This song sucks.“
Februar: „Klimakleber“ fallen auf. Die Aktivist:innen, die sich aus Protest auf Straßen festkleben, sind das ganze Jahr Thema: Im Februar geht ein TikTok-Video der Letzten Generation mit der Aktivistin Anja Windl online. Ab nun ist sie, auch dank Boulevardmedien, als „Klima-Shakira“ bekannt. Diese Form des Protests polarisiert – erntet Hasstiraden bis Solidaritätsbekundungen.
März: Der Papst im weißen Mantel. Ein Bild zeigt Papst Franziskus in einem weißen Daunenmantel gekleidet, ähnlich wie ein Rapper. Die Aufnahme ist nicht echt, sondern mittels künstlicher Intelligenz angefertigt. Ein User erstellte das Ganze aus Spaß. Spätestens jetzt merken viele, wie leicht es geworden ist, täuschend echte Bilder zu erstellen.
April: Twitter ändert sich zunehmend. Ein Jahr zuvor kaufte Milliardär Elon Musk das soziale Medium, 2023 verändert er es gravierend: So verlieren im April Promis, Medienleute und Abgeordnete ihre blauen Haken. Bis dahin hatte das Symbol gekennzeichnet, dass ein Account verifiziert ist. Mittlerweile kann sich jede:r einen blauen Haken kaufen. Die größte Änderung erfolgt im Juli: Musk benennt Twitter in X um.
Mai: Vorwürfe gegen Rammstein. Online kommt der Vorwurf auf, Rammstein-Sänger Till Lindemann solle seine Macht missbraucht haben. Mittels Drogen in Getränken junger Frauen soll es zum Beispiel zu Übergriffen gekommen sein. Lindemann bestreitet all das, klagt und gewinnt einige Rechtsfälle. Man merkt hier, dass gerade über Social Media solche Debatten über Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt angestoßen werden.
Juni: Die SPÖ verkündet falschen Parteichef. Wie peinlich: Bei der Abstimmung über den Parteivorsitz kommt es zu einer Verwechslung – die SPÖ verkündet Hans Peter Doskozil als neuen Parteichef. Auf Nachfrage des ORF-Journalisten Martin Thür stellt sich heraus: In Wirklichkeit hat Andreas Babler die Wahl gewonnen. Es ist davon auszugehen, dass die Partei auch noch im Jahr 2024 Witze über Excel-Kenntnisse verfolgen.
Juli: I’m a Barbie Girl. Auch in Österreich stehen scharenweise rosa gekleidete Menschen vor Kinos, um sich den Film „Barbie“ anzusehen. Social Media ist voll von Barbie und Ken. Wichtige Szene: Ken realisiert, dass er sich nicht über seine Beziehung zu Barbie definieren muss – er ist „Kenough“ (also „Ken“ und „enough“).
August: FPÖ provoziert mit Video. Ein Video des YouTube-Kanals „FPÖ TV“ stellt die Journalisten Armin Wolf und Florian Klenk sowie die Expert:innen Natascha Strobl und Andreas Peham als Feindbilder dar. Optik und Inhalt erinnern an die rechtsextreme Identitäre Bewegung. Der Fall markiert, wie die FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl heftiger im Auftritt wurde.
September: Nehammer und der Hamburger. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erklärt bei einem Event, wie günstig ein Hamburger bei McDonald’s ist und dass wohl alle Eltern ihrem Kind das bezahlen können. Jemand filmt mit: Überall, selbst auf (dem wenig innenpolitisch ausgerichteten) Kanal TikTok, ist Nehammer ein Riesenthema.
Oktober: Terror und Krieg. Nach dem Terror der Hamas und Israels darauffolgender Militäroperation werden viele Falschmeldungen gepostet. Hier fällt X negativ auf: Nachdem Elon Musk die frühere Verifizierung abschaffte (siehe April), ist auf der Plattform schwerer erkennbar, wer wirklich Journalist:in ist. Im Dezember eröffnet die EU-Kommission ein Verfahren gegen X wegen des Umgangs mit Desinformation und illegalen Inhalten.
November: Propaganda auf TikTok. Auf TikTok fallen viele Videos mit antisemitischer Propaganda auf. Das führt zu einer Debatte über die Ausrichtung der Plattform – und die Frage, wie man Jugendliche sowohl vor aufwühlenden Bildern als auch vor Radikalisierung schützen kann.
Dezember: Jeremy Fragrance posiert. Der Influencer Jeremy Fragrance, eher bekannt für klamaukartige Videos, besucht eine rechte Gala in den USA und posiert auf Fotos mit Rechtsextremen und Rechtspopulisten – was viel diskutiert wird. Abseits der Frage, wie dieser Internetpromi politisch tickt, zeigt das, wie sehr Influencer Teil der öffentlichen Bühne geworden sind.