Elfriede Hammerl

Elfriede Hammerl Thronthronthronfolger

Thronthronthronfolger

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Der Gedanke ist nicht originell, aber er drängt sich auf: Oh ungerechte Welt, in der die Geburt des britischen Thronthronthronfolgers mit hysterischem Freudengeheul begrüßt wird, während zahllose unwillkommene Kinder überall auf dem Globus dem nackten Elend preisgegeben, umbarmherzig vertrieben, mit ihrer angeblichen Wertlosigkeit konfrontiert werden. Hier der Stolz der Nation, dort die lästigen Produkte unerwünschter Zeugungsakte – aber in Wirklichkeit bloß Säuglinge, deren künftige Wohl- oder Übeltaten nicht abzusehen sind.

Früher lag ein Hauch von Ausgleich in der Tatsache, dass die mit dem goldenen Löffel Geborenen wenigstens eine harte Erziehung über sich ergehen lassen und später langweilige StandesgenossInnen mit hängender Unterlippe heiraten mussten. Heute werden sie zärtlich gehätschelt wie die Bürgerkinder auch und dürfen ihre EhepartnerInnen aus dem sozialen Schwemmsand beziehen, der (es) mit dem Jet Set treibt. Die Betonung liegt dabei auf der Tatsache, dass jeglichen Neigungen keinerlei Pflicht mehr im Wege steht. Der unter Prinzen verbreitete Hang zu Partygirls mag von fragwürdigem Geschmack zeugen, entscheidend ist, dass er ohne Einschränkungen und ohne öffentliche Missbilligung ausgelebt werden darf. Das ist das eine. Das andere ist die Frage: Was bewegt gewöhnliche Menschen, sich um Paläste zu scharen und in einen Glückstaumel zu verfallen, sobald sie hören, dass ein ungewöhnlich privilegiertes Kind geboren wurde?

Ja, man kann nicht unentwegt nur die Armen und Entrechteten im Sinn haben. Und dass einem eigene Kinder oder die Sprösslinge befreundeter Familien mehr am Herzen liegen als fremde, unbekannte, verstehe ich durchaus. Auch dass man den verwandten oder befreundeten Nachwuchs – ungeachtet der globalen Umverteilungsnotwendigkeiten – mit Geschenken verwöhnt, ist mir nachvollziehbar.

Was jedoch veranlasst brave, vom Schicksal mäßig begünstigte Leute aus St. Peter’s At The Shrubberies oder ­Knickebrück an der Knatter, Kindern aus Königshäusern, die sie nie in natura zu Gesicht bekommen und denen sie zeitlebens vollständig egal sein werden, Glückwunschkarten und selbstgehäkelte Babyjäckchen darzubringen?

Das zutiefst menschliche Bedürfnis, sich bei den Reichen und vermeintlich Mächtigen einschleimen zu wollen? Ein angeborener Drang, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten? Die unglaublich dumme Hoffnung, solcherart etwas vom Glanz der Privilegierten abzubekommen?

Die Lust an der Beobachtung mehr oder weniger glamouröser Promis ist mir nicht gänzlich fremd. Je nach Tagesverfassung betrachte ich ihren Lebensstil mit Belustigung, Missgunst oder wohliger sittlicher Empörung, eine Zielscheibe für Projektionen abzugeben gehört schließlich zu ihrer Job Description.

Aber mit schwangeren Herzoginnen hangen und bangen? Sich über deren Nachwuchs freuen, als wär’s der ­eigene? Ist das nicht ein bissl pathologisch?

Hoffentlich. Falls nicht, lässt es nämlich, siehe oben, deprimierende Rückschlüsse auf die menschliche Natur zu.

Themawechsel, jedoch nicht ganz: Kate und William ­haben, so stand es in den Zeitungen, keine Kinderfrau für ­Georgealexanderlouis engagiert. Lob und Anerkennung klangen dabei durch. So gehört es sich. Ein Kind gehört zu den Eltern, Eltern gehören zum Kind, und zwar Tag und Nacht.

Schon Prinzessin Diana sicherte sich Wohlwollen aus ähnlichen Gründen. Während die Queen, wie es heißt, ihre Abkömmlinge hartherzigem Personal überließ, hat die gute Mutter Diana ihre Söhne selber – na ja, vielleicht nicht gerade gewickelt und auch nicht mit eigenhändig gekochtem Erbsenbrei gefüttert, aber doch irgendwie liebevoll betreut. Das wird uns jedenfalls suggeriert, und wie sie es anstellte, trotz angeblich aufopfernder Mutterschaft top gestylt bei zahllosen öffentlichen Anlässen zu posieren (von Ausflügen mit ihrem Reitlehrer und ähnlichen Vergnügungen abgesehen), ist dabei kein Thema. Denn die Botschaft, auf die es ankommt, lautet, damals wie jetzt: Eine vorbildliche Mutter gibt ihre Kinder nicht in fremde Hände. (Merk’s, pflichtvergessene Handelsangestellte, die du deine Brut in den Kindergarten abschiebst!)

So, und jetzt einmal ganz ehrlich: Was ist so schlimm an der Vorstellung, als Eltern von einer kompetenten Kinderfrau entlastet zu werden? Warum soll es Kindern schaden, wenn eine liebevolle Nanny sie herumträgt statt einer übernächtigen Mutter?

Mag ja sein, dass die kleinen Windsors früherer Generationen einem harten Drill unterworfen waren, aber das lag dann wohl an den Erziehungsvorgaben ihrer Eltern – und nicht daran, dass Nannys oder Säuglingsschwestern zwangsläufig lieb- und verständnislos mit ihren Schützlingen umgehen müssen.

(Klein-)Kindpädagogik ist ein ehrenwerter Beruf, der in der Regel von ehrenwerten Leuten ausgeübt wird. Die Unterstellung, dass es Kindern guttut, wenn auf ihre Dienste verzichtet wird, ist ziemlich dumm. Das wollen wir jetzt einmal zur Abwechslung festhalten.

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