Vibe Coding – denn sie wissen nicht, was sie tun
Good Vibes, das gute Gefühl, wenn einem etwas gefällt und man eine gute Zeit hat, kennen wir aus vielen Bereichen, aber mit dem Programmieren von Software hat das bisher kaum jemand in Verbindung gebracht. Damit möchte ich keinem Softwareentwickler zu nahe treten, aber Programmieren ist eine Tätigkeit, die man erst mühsam erlernen und dann in der Praxis erproben muss, bevor man die ersten Zeilen Code für die reale Welt schreiben kann.
Von dieser Vorstellung können wir uns eher schnell als langsam verabschieden. Nein, das heißt nicht, dass wir niemanden brauchen, der etwas von Softwareentwicklung versteht, aber der personelle Engpass bei den Softwareentwicklern, die dringend benötigte Software erstellen, wird sich dramatisch verändern.
Andrej Karpathy, in der Slowakei geborener Informatiker, ehemaliger KI-Chef von Tesla und Gründungsmitglied von OpenAI, hat den neuen Begriff „Vibe Coding“ geprägt. Dahinter steckt die Idee, dass Menschen ohne Programmierkenntnisse mit neuen KI-gestützten Tools wie Cursor oder Bolt Computerprogramme erstellen können, ohne auch nur eine Zeile Code zu kennen.
Seinen Ursprung hat Vibe Coding wie so oft in den USA und dort im Bereich der Computerspiele. Gaming-Fans programmieren ihre eigenen Spiele wie fly.pieter.com, ohne jemals eine Ausbildung zum Programmierer oder Spieleentwickler gemacht zu haben.
Ermöglicht wird dies durch eine ständig wachsende Zahl an Softwarewerkzeugen, die es immer einfacher machen, Computerprogramme zu erstellen und zum Laufen zu bringen. Was anfangs nur eine Hilfe beim Programmieren war, steht heute an der Schwelle zur professionellen Entwicklung von Computercode. Innerhalb eines Jahres wird es normal sein, dass man, wenn man ein Problem hat, einfach ein Computerprogramm dafür erstellen kann.
Interessanterweise sind die ersten Schritte auf dem Weg dorthin so, wie wir es auch im wirklichen Leben machen würden. Viele scheitern im Moment noch daran, mit KI richtig zu programmieren, weil sie einfach sagen, mach dieses oder jenes Programm. Wenn sie das einfach einem Menschen sagen würden, könnte der auch nichts Sinnvolles programmieren. Nein, der Weg führt noch über den klassischen Prozess wie Pflichtenheft erstellen, in einzelne Softwaresegmente aufteilen und diese dann einzeln erstellen und testen.
Prof. (FH) Dr. Andreas Stöckl von der FH OÖ Campus Hagenberg beschäftigt sich in einem seiner Forschungsprojekte genau damit. Dabei forscht und entwickelt er daran, eines der führenden Website-Management-Tools wie WordPress einfach nachzuprogrammieren. Und er ist dabei schon verdammt weit gekommen.
Man stelle sich nur vor, Sie könnten ihre eigenen alltäglichen Probleme lösen, indem Sie einfach selbst die Software dafür erstellen. Gehen wir noch einen Schritt weiter. Stellen wir uns vor, dass KI-Assistenten oder – um beim aktuellen Buzzword zu bleiben – KI-Agenten die Aufgaben für Sie erledigen, wenn Sie auf ein Problem stoßen, das Sie nicht lösen können. Dass sie einfach das Computerprogramm schreiben, das Sie brauchen, um das Problem selbstständig zu lösen. Das wird die Welt verändern wie nie zuvor, das ist sicher, aber es wird nicht über Nacht geschehen. Der Hauptgrund für die langsame Entwicklung der neuen Möglichkeiten ist der Mensch selbst. Es ist spannend, zu beobachten, dass oft sehr erfahrene Softwareentwickler dieser neuen KI-Technologie skeptisch gegenüberstehen. Das ist nicht sonderlich verwunderlich, denn jeder Mensch kann von einem Prozess, den er mehr als 1000 Mal durchgeführt hat, nur sehr schwer wieder ablassen.
Der Wandel vollzieht sich jedoch mit zunehmender Geschwindigkeit. In Start-ups, in etablierten Unternehmen, aber auch im privaten Bereich tut sich eine Welt auf, in der man verstehen muss, was es bedeutet, Maschinen selbst zu programmieren, ohne zu wissen, wie das eigentlich funktioniert.