Luxusgut Eigenheim?
Warum hat sich der Häuslbauer ein Häusl gebaut? Entgegen anderslautenden Vorstellungen hat er das nicht in der finsteren Absicht getan, die Landschaft zu verhütteln oder Platz für seine Gartenzwerge zu schaffen, sondern um ein Obdach zu haben. Er wollte sich in Sicherheit bringen vor der Willkür des Wohnungsmarktes. Detto Menschen, die Wohnungseigentum anstreben: Sie wünschen sich eine halbwegs stabile Wohnsituation. Dazu nehmen sie Kredite auf, sparen und schränken sich ein. Um sich dauerhaft niederlassen zu können. Um jährlichen Mieterhöhungen zu entgehen. Um später einmal, wenn die Kredite abbezahlt und sie alt sind, nur noch moderate Wohnkosten zu haben, die sie mit ihrer vielleicht nicht so üppigen Altersrente stemmen können.
Wohnungseigentum heißt ja mehrheitlich nicht luxuriöse Dachbodenausbauten in spektakulärer Lage, sondern 80 Quadratmeter in einer einigermaßen netten Umgebung. Eigene Häuser sind ja in der Mehrzahl nicht Designervillen mit Traumausblick, sondern – ja, leider – architektonisch wenig inspirierte, aber halt leistbare vier Wände mit Dach. Wohnungseigentum, das man selber bewohnt, ist in der Regel kein Luxus und kein Vermögen, sondern eine Existenzgrundlage.
Man mag die Häusln der Häuslbauer schiach finden und es beklagen, dass sich landschaftsschonende und schöner anzuschauende Siedlungsformen bis jetzt nicht ausreichend durchgesetzt haben, aber Tatsache ist, dass Menschen in nicht kleiner Zahl derartige Eigenheime bewohnen. Würde man ihnen die Grundsteuer empfindlich hinaufschnalzen, dann hieße das, an ihrer Existenzgrundlage zu rütteln. Wo sollen die Häuslbauer:innen denn unterkommen, wenn sie sich ihre Häusln nicht mehr leisten können?
Diese Frage stellt sich mit gutem Grund, denn wieder einmal steht eine Grundsteuererhöhung zur Debatte. WIFO-Chef Gabriel Felbermayr ist genauso dafür wie der Präsident des Gemeindebundes.
Nun gibt es tatsächlich Grundbesitz, der weit über den Eigenbedarf hinausgeht und einen Teil des enormen Reichtums ausmacht, über den Superreiche verfügen. Den hat Felbermayr aber offenbar nicht gemeint, denn er sprach davon, dass wir alle „den Gürtel ein bisschen enger stellen“ müssten. Wir hätten nämlich „ein Stück weit über unsere Verhältnisse gelebt“.
Wir? Welche Wohnverhältnisse wären denn angemessen, wenn ein Häusl zu bewohnen bedeutet, dass man über die Schnur schlägt? Zimmer-Kuchl mit Gangklo? Zu sechst in einem Untermietzimmer? Als Bettgeher im Schichtbetrieb eine Matratze benützen dürfen? Hat’s alles gegeben und ist noch gar nicht so lange her.
Mit einer Grundsteuererhöhung, argumentierte Felbermayr im Hinblick auf die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ, sei die SPÖ-Forderung nach einer Vermögenssteuer quasi vom Tisch, denn damit würde ja Vermögen besteuert.
So ist es aber nicht. Vermögenssteuer heißt, den Überfluss zu besteuern. Das, wofür nicht gearbeitet wurde. Was den eh schon Reichen in den Schoß fällt, sobald sich ihr Kapital ohne Arbeit vermehrt. Wenn sich eine oder einer ein Eigenheim schafft, dann ist das kein Überfluss und kein arbeitsloses Einkommen und kein Vermögen. Deswegen würde man bei einer etwaigen Erhöhung der Grundsteuern genau überlegen und differenziert staffeln und vor allem unterscheiden müssen zwischen Grundbesitz, der einem persönlichen, durchschnittlichen Wohnbedarf dient, und ausgedehnten Ländereien oder offensichtlichen Spekulationsobjekten. Es gibt Menschen, die würden es nicht spüren, wenn sie ihren Gürtel enger schnallen müssten, und andere, die würden ganz im Gegenteil keine Luft mehr kriegen, wenn man ihnen den Gürtel noch enger zurrte.
Eigenartigerweise ist es gerade angesagt, die Gürtel der Reichsten unangetastet zu lassen. Eine Begründung dafür lautet, es gelte, den Anfängen zu wehren. Mit Steuern für Milliardäre fange es an, und am Ende greife man auf Omas Sparbuch zu. Na ja. Was ist die Konsequenz? Dass ohne einen Umweg über die Vermögen der Milliardäre auf Omas und Opas Häuschen zugegriffen wird?