Satire

Dritte Republik, Präludium

Das fängt ja schon einmal recht vielversprechend an: Die FPÖ kann vor lauter Kraft kaum gehen und macht sich die Erde untertan.

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Jetzt fangen wir gerade erst an mit der sicherlich segensreich sein werdenden Dritten Republik – und schon stellt sich die Frage, ob wir nicht demnächst gezwungen sein werden, in Slowenien einzumarschieren. Der südliche Nachbar erdreistet sich ja, die mittels der steirischen Landeshymne ausgeübte gesangliche Souveränität über sein Staatsgebiet nicht so prickelnd zu finden. Schon gar nicht, wenn der Text – der befindet, dass die Steiermark eigentlich erst ein schönes Stück weiter südlich aufhören sollte, als sie es heute tut – als erste Amtshandlung des neuen Landeshauptmanns in die Verfassung geschrieben werden soll.

Mario Kunasek, bekanntlich eines der besonnenen und sozial unauffälligen Gesichter der FPÖ, reagierte auf diese ungeheuerliche Einmischung in innersteirische Angelegenheiten denn auch erwartet besonnen und richtete dem vorwitzigen Slawen aus, er solle zuerst einmal sein Atomkraftwerk abschalten, bevor er den Mund aufmache. Und außerdem: „Anders als die slowenische Volksgruppe in Österreich sind in Slowenien Altösterreicher deutscher Muttersprache immer noch vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt!“

Genau! Endlich kümmert sich einmal wer um die! Laut den letzten verfügbaren Daten gab es im Jahr 2014 in Slowenien 1600 Menschen deutscher Muttersprache. Und gleich 180 von ihnen bezeichneten sich selbst als „Altösterreicher“! Und wir wollen doch ganz stark hoffen, dass auch zehn Jahre später noch ein Gutteil von ihnen bei bester Gesundheit ist und die Dreistelligkeit weiterhin geknackt wird!

Wenn diese zweifellos über Wohl und Wehe zukünftiger Generationen entscheidende Auseinandersetzung weiter eskaliert und der Volkskanzler dann auch schon im Hauptquartier sitzt – wer weiß? Der blaue Posterboy Wladimir Putin entdeckt schließlich auch ständig Russen in irgendwelchen Nachbarländern, die er ganz dringend beschützen muss. Und gegen die Slowenen hätten wir vielleicht sogar eine Chance. Der entscheidende Unterschied zu Putin wäre allerdings: Der verteidigt seine Auslandsrussen ja nach eigenem Bekunden gegen die Nazis.

Eine weitere beruhigende Entwicklung, die zumindest schon einmal verbal eingeleitet wurde, ist jene am Mediensektor. Nachdem der „Standard“ über die – nicht einmal von ihm, sondern von französischen Journalisten gemachten – Videos vom Simmeringer FPÖ-Stammtisch berichtete, war die Aufregung allenthalben groß – am allergrößten aber in der FPÖ selbst. Dabei handelte es sich bei dem Material durchwegs um ohnehin längst handelsübliche FPÖ-Sprüche. Und zumindest die Auslassungen gegen den künftigen, stündlich kleiner werdenden Juniorpartner in der Koalition sind ja nicht einmal alle grundfalsch. Und: Gegen die vollkommen irrwitzigen Ungeheuerlichkeiten, die ein Donald Trump gewohnheitsmäßig von sich gibt – und mit denen er auch noch Erfolg hat –, ist sowieso jeder Blaue ein blutiger Anfänger. Und der regt sich auch nicht auf, wenn er dabei gefilmt wird – ganz im Gegenteil. Die Erfahrung lehrt also: We ain’t seen nothing yet!

Auch dass der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp – dessen letzte brillante Idee war, das Bundesheer nach Favoriten zu schicken, auf dass es dort handstreichartig den Reumannplatz zurückerobere – den „Standard“ öffentlich zu einem „Scheißblatt“ erklärte, reicht auf der nach oben offenen Trump-Skala gerade einmal ein zu einem sanften Schnackerl. Und dass ihm beim dazu verbreiteten Hashtag #presseförderungnurnochfürechtequalitätsmedien auch noch zwischen „für“ und „echte“ ein r abhanden kam, muss man halt seiner begreiflichen Erregung zuschreiben. FPÖ-Politiker sind ja gewohnheitsmäßig begreiflich erregt. Aber: Die Richtung stimmt!

Und die ÖVP? Die kommt weder aus dem Staunen heraus noch mit den Lippenbekenntnissen zu Demokratie und Menschenrechten und Pressefreiheit usw. nach, seit der zukünftige Kanzler der Herzen aller Österreicher in seiner jetzt schon legendären Sieges-Pressekonferenz die bedingungslose Kapitulation seines bei der Wahl um horrende 2,5 Prozentpunkte hinter ihm gelegenen, nunmehrigen schwarzen Wurmfortsatzes eingefordert hat. Und wohl auch bekommen hat. Und zumindest mit der Medienlandschaft fremdelt die ÖVP ja ohnehin auch ein wenig, spätestens seit allem, was diese Sebastian Kurz angetan hat. Könnte sein, dass diese Tatsache das schwarze Bollwerk gegen blaue Erziehungsmaßnahmen etwas bröckliger ausfallen lassen lässt.

Aber: Machen Sie sich keine Sorgen! Nicht um faktenbasierte Medien, nicht um profil – und schon gar nicht um diese Seite. Sie wird selbstverständlich weiter bestehen.

Ab nächster Woche übernimmt sie bloß mein geschätzter Kollege Ferdinand Wegscheider.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz