Wachstumsbremse Eigentumssteuern
Der Ruf nach einer Wiedereinführung der Erbschaftssteuer, der Vermögenssteuer – oder beiden – ist nicht neu, sondern fast eine Art wiederhallendes Echo aus der Vergangenheit. Schließlich sind beide Steuern, aus gutem Grund, in Österreich vor vielen Jahren abgeschafft worden. Aktuell versuchen sie, als vermeintliches Allheilmittel für eine Budgetkonsolidierung zu reüssieren. Man nehme damit nur den Vermögendsten etwas weg, was sie ohnehin nicht spüren würden. Und auch die breite Masse käme ungeschoren davon, so die Beteuerungen. Doch der Schein trügt.
Eine Erbschaftssteuer etwa würde Unternehmen massiv schaden. Eine aktuelle WU-Studie zeigt, dass das im Vorwahlkampf ins Spiel gebrachte Modell für eine neue Erbschaftssteuer ein Unternehmen im Durchschnitt mit 17,35 Millionen Euro belasten würde. Das so belastete Unternehmen müsste elf Jahresgewinne zum Abstottern der Erbschaftssteuer aufwenden. Anders gemessen würde das durchschnittliche Eigenkapital des Unternehmens zwei Mal aufgebraucht werden. Auch Länder wie Norwegen und Schweden, beides Staaten mit ausgeprägten Sozialsystemen, haben die Erbschaftssteuer nicht zuletzt aus diesen Gründen abgeschafft. Argumente waren unter anderen fehlende Fairness, negative Liquiditätswirkungen bei Betriebsübergaben, Belastung des Mittelstandes, geringe Umverteilungswirkung und ein hoher administrativer Aufwand.
Aber auch die Vermögenssteuer ist gemäß ihrer Natur eine Substanzsteuer, mit allen schädlichen Nebenwirkungen. Selbst wenn das Unternehmen oder das gesamte Vermögen keine Erträge erwirtschaftet, wäre die Steuer zu entrichten. Die Konsequenz ist, dass sich das Vermögen beziehungsweise das Eigenkapital des Unternehmens vermindert. Das bis vor Kurzem stärker inflationäre Umfeld würde das Vermögen weiter real reduzieren. Unnötig zu sagen, was das für Investitionen und Arbeitsplätze bedeutet. Die Vermögenssteuer wurde in Österreich im Jahr 1994 daher aus gutem Grund abgeschafft. Denn zum Zeitpunkt ihrer Abschaffung hatten die Unternehmen 80 Prozent des Aufkommens getragen.
Hinzu kommt: Dass Vermögen in Österreich nicht besteuert wird, wie manche gern behaupten, stimmt so nicht. Mit den Konsolidierungspaketen in den 2010er-Jahren wurden zwei Vermögenszuwachssteuern eingeführt: die Immobilienertragsteuer und die Besteuerung von Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen. Ebenso wurden unentgeltliche Immobilienübertragungen mit der Grunderwerbsteuer belastet, was de facto wie eine Erbschaftssteuer wirkt. Seither nimmt der Fiskus mit diesen drei Steuern zusätzliche 1,5 Milliarden Euro ein.
Und wie sieht es mit der viel zitierten Gerechtigkeit aus? Oft wird ja argumentiert, dass Eigentumssteuern eine gerechtere Verteilung bringen würden. Sogar angelsächsische Staaten wie Großbritannien oder die USA hätten einen höheren Anteil an vermögensbezogenen Steuern als Österreich. Aber gerade bei diesen Staaten ist die Umverteilung bei den Einkommen viel niedriger als in Österreich. Schließlich ist es das laufende Einkommen und nicht das Vermögen, aus dem die meisten Menschen ihr Leben bestreiten. Das laufende Einkommen ist laut dem sogenannten Gini-Koeffizienten der OECD, einem Gradmesser für gleiche oder ungleiche Verteilung, in Österreich nach Steuern und Subventionen deutlich gleicher verteilt (0,28) als etwa in den zuvor erwähnten Ländern mit 0,35 und 0,38.
Und zu guter Letzt: Brächten Eigentumssteuern wirklich die kolportierten hohen Summen ein? Daran darf gezweifelt werden. Bei Erbschafts- und Vermögenssteuer würden notwendige Ausnahmen und Freibeträge, Kapitalflucht und hohe Administrationskosten das mögliche Steueraufkommen deutlich reduzieren. Allzu gewiss ist dagegen aber, dass zusätzliche Belastungen – und nichts anderes wären solche Steuern – das dringend benötigte Wirtschaftswachstum bremsen. Den Unternehmen würden Gewinne wegbesteuert werden, die sie eigentlich für das Wirtschaften – für Investitionen – brauchen würden. Den Privaten fehlt dieses Geld für den Konsum. Wir befinden uns in der längsten Rezession der Nachkriegszeit. Schon die Diskussion um zusätzliche Steuern kann in einer solchen Gemengelage zu Recht als gefährliche Drohung für den Standort aufgefasst werden.