Lieber Reichensteuern als Massensteuern
„Keine neuen Steuern“ – hat NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger versprochen. „Entlastung ohne neue Steuern“ – hat Alt- und wohl Weiterhin-Kanzler Karl Nehammer gesagt. Das erinnert an die Ansage von US-Präsident George Bush senior, dem man das Versprechen von den Lippen ablesen sollte: „Read my lips: no new taxes.“
Schwarz und Pink haben klare Pläne dafür, was sie nicht angehen wollen. Aber sie werden handeln müssen, denn die Regierung hat beim Budget eine Großbaustelle hinterlassen: steigende Schulden, steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Wirtschaftsleistung.
Die Regierung hat auch alles dafür getan, muss man im Rückblick sagen. Die Teuerung hat man durchrauschen lassen wie ein Schaulustiger eine Naturkatastrophe; bei der Pandemie hat man sich lieber damit beschäftigt, wie man möglichst viel Steuergeld ohne parlamentarische Kontrolle in hochprofitable Betriebe pumpen kann. Das hat eine Menge Geld gekostet. Die Rechnung bezahlen sollen, wenn es nach einer Riege an Wirtschaftsexperten geht: vor allem wir.
Der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO, Gabriel Felbermayr, hat uns ausgerichtet, dass es „unpopuläre Maßnahmen“ braucht: Die Massensteuern will er anheben, also Zucker-, Tabak- oder Mineralölsteuer. Eine Anhebung der Mehrwertsteuer soll kein Tabu sein. Man könnte auch sagen: die Steuern, die wir alle zahlen müssen, egal, wie viel wir verdienen. Der 50-Euro-Einkauf im Supermarkt kostet den Manager und die Mindestpensionistin exakt gleich viel an Steuer. Nur dass der Manager das kaum „spürt“, weil er die 50 Euro plus Steuern von einem vielfach höheren Einkommen bezahlt.
Massensteuern anheben, das ist Budgetsanierung aus dem Geldbeutel der Ärmsten.
Da gäbe es genügend andere vernünftige Steuern dafür. Zum Beispiel auf die Gewinne der Großkonzerne – die hat Österreich in den letzten Jahren weiter gesenkt. 1,2 Milliarden Euro kostet uns dieses Geschenk an die Großaktionär:innen jedes Jahr.
Auch in Sachen Steuern auf Reichtümer und Erbschaften ist Österreich näher an einem karibischen Steuersumpf als an den Standards anderer Industrienationen: In Kanada und Großbritannien zum Beispiel kommen über zehn Prozent des Budgets von den Reichsten, in Österreich sind es gerade einmal 1,5 Prozent. Wir nehmen es als selbstverständlich hin, dass jeder Hackler Steuern und Abgaben leistet – und damit Schulen, Schienen und Spitäler, Polizei, Pflege und Pensionen finanziert. Kurz gesagt: seinen Teil zur Gesellschaft beiträgt.
Aber der Milliardenerbe zahlt keinen Cent. Wir brauchen eine ordentliche Erbschaftssteuer, eine Vermögenssteuer und höhere Steuern auf Grund und Boden. Allgemeine Vermögenssteuern allein würden schon fünf Milliarden bringen, aber kaum einen Cent aus dem Konsum im Inland abziehen. Weil dieses Geld sonst eh in Hedgefonds, Yachten und in Dubai landet.
Das Geld können wir gut gebrauchen. Nicht nur um das Budget zu sanieren, sondern auch um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Über Investitionen zum Beispiel: Pflege und Kinderbetreuung ausbauen, Sozialarbeit und Psycholog:innen in die Schulen holen; Stromnetze und Speicherkapazitäten schaffen, damit wir die Sonnen- und Windkraft auch richtig nutzen können. Das sind Investitionen eines Staates, die direkt in die Betriebe und die Menschen fließen – und damit am Ende über Steuern wieder retour ins Budget.
Bleibt es beim „Read my lips: no new taxes“ von Schwarz und Pink, dann stehen den Ärmeren in Österreich also harte Zeiten bevor. Obwohl wir wissen: Die Einschnitte und die höheren Massensteuern machen deren Leben schwieriger – aber die Wirtschaft um nix besser. Das hat übrigens auch George Bush senior bald nach seinem Sager schmerzhaft gelernt. Weil die Wirtschaft in den USA so geschwächelt hat, hat er recht bald doch neue Steuern einführen müssen … und wurde den Nimbus des Lügners und Dampfplauderers nie wieder los.