Michael Nikbakhsh: Geheimnisverrat
Schon gehört? Das Bankgeheimnis soll fallen. Die Bundesregierung will Finanz- und Strafverfolgungsbehörden fürderhin die Einschau in unser aller Bankkonten mittels elektronischem Zentralregister ermöglichen. Teile der Opposition werten das als Anschlag auf die Privatsphäre. Das ist insofern schräg, als das Finanzministerium und nachgelagerte Behörden Akten zum laufenden Hypo-Untersuchungsausschuss mit Hinweis auf Amts- und Bankgeheimnis schwärzten, was die Opposition nun ja vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft. Aber so ist Österreichs Innenpolitik nun einmal, etwas unübersichtlich bisweilen.
Sind Bankguthaben in Österreich eigentlich „privater“ als zum Beispiel in Frankreich?
Reden wir also über das Bankgeheimnis. Oder das, was davon noch übrig ist. Nur für den Fall, dass Sie es nicht wussten: Finanz und Justiz haben heute schon Zugriff auf Ihre Daten – den Verdacht der Steuerhinterziehung vorausgesetzt. Die Erkundung ist nur eben mühsam: Einleitung eines Finanzstrafverfahrens; Auskunftsersuchen an fünf Bankenfachverbände; Weiterleitung an rund 800 Kreditinstitute – und wieder zurück. Das dauert. Das kostet Geld. Das ließe sich mit einem Kontoregister tatsächlich beschleunigen. Abgesehen davon wirft der Vorstoß der Regierung aber eine interessante Frage auf: Fallen Bankkonten tatsächlich in den Bereich der „Privatsphäre“, in welche der Staat nicht hineinzuschnüffeln hat? Dem Grunde nach kann es sich bei Guthaben ja nur um ordnungsgemäß versteuerte Einkünfte handeln. Oder etwa nicht? Warum ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, Schwarzarbeit und die Anhäufung von Schwarzgeld zu verfassungsmäßig abgesicherten Grundrechten zu erheben?
Und sind Bankguthaben in Österreich eigentlich „privater“ als zum Beispiel in Frankreich, Dänemark, Spanien oder Schweden? Dort ist der Datentransfer zwischen Banken und Finanzverwaltung längst durchautomatisiert. Übrigens ohne, dass darob die jeweilige Gesellschaftsordnung zusammengebrochen wäre.