Monika Langthaler

Monika Langthaler: Es muss anders werden, wenn es gut werden soll

"Gestresste Fledermäuse übertrugen das Virus", berichtete der ORF in einem der mittlerweile allgegenwärtigen Corona-Berichte vor wenigen Tagen ...

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Laut Experten verursachten Eingriffe in den Lebensraum dieser Tiere, das Abholzen von Wäldern und das Zusammensperren lebender Tiere in kleinen Käfigen enormen Stress. Stress, der den Übergang der Viren von einer Spezies zur anderen und schließlich zum Menschen begünstigte. Sehr wahrscheinlich, dass es noch Zehntausende andere Viren gibt, die auf gleiche Weise übertragen werden können.

Covid-19, Klimakrise, Verlust der Biodiversität, Ressourcenverschwendung - ergibt es Sinn, diese Themen in einen Zusammenhang zu bringen?

Auf den ersten Blick mag es für einige Menschen zynisch wirken, die Corona-Pandemie mit der Klimakrise zu vergleichen und entsprechende Bezugspunkte herzustellen. Ist es aber nicht. Denn so unterschiedlich die beiden Themen auch sind, haben diese Krisen entscheidende Punkte gemeinsam: Sie sind global, verursachen weltweit Todesfälle und enorme wirtschaftliche sowie soziale Schäden. Möglicherweise auch große demokratiepolitische und gesellschaftliche Rückschläge, dazu brauchen wir nur über die Grenzen nach Ungarn schauen.

Während das wirtschaftliche und natürlich soziale Ausmaß der Folgen von Corona derzeit noch schwer abschätzbar ist, werden seit Jahren für die Klimakrise etliche sehr konkrete Zahlen genannt. Allein in Österreich belaufen sich die wetter-und klimawandelbedingten Schäden bereits jetzt auf jährlich durchschnittlich rund eine Milliarde Euro. Die COIN (Cost of Inaction)-Studie aus dem Jahr 2015 (!) zeigt, dass die Schäden bei mittlerem Klimawandelszenario bis 2050 auf durchschnittlich jährlich 4,2 bis 5,2 Milliarden Euro - allein in Österreich - steigen. Dabei sind nur die unmittelbaren Schäden durch die Klimaveränderungen hierzulande berücksichtigt worden und noch nicht die Folgen globaler Katastrophen auf Österreich, etwa längere Dürren, massive Ernteausfälle oder klimawandelbedingte Migrationsströme.

Schon jetzt sterben laut WHO mindestens sieben Millionen Menschen jährlich nur an den Folgen der Luftverschmutzung, ausgelöst insbesondere durch das Verbrennen von Kohle und Erdöl. Zusätzliche Zahlen zu Krankheiten und Todesfällen durch die Klimakrise oder den Verlust unserer Biodiversität sind oft schwer festzumachen, aber sie sind millionenfach, und sie steigen laufend - weitgehend ohne Berichterstattung und ohne bisherige Änderungen unserer eingefahrenen Wirtschaftssysteme und unseres Lebensstils.

Es ist daher entscheidend, den Vergleich nicht zu scheuen und vom aktuellen Umgang mit Corona etwas für die Bewältigung der Klimakrise und die Weiterentwicklung unseres Wirtschaftssystems zu lernen. Denn während wir auf diese Pandemie zu wenig vorbereitet waren, können wir uns auf die Auswirkungen des Klimawandels noch immer vorbereiten und sie durch gezieltes Handeln eindämmen. Was können, ja, was müssen wir nun als Gesellschaft von dieser Krise für eine nachhaltigere Zukunft mitnehmen?

Nach der akuten Corona-Krise ist der einzig verantwortungsvolle Weg, sich auf einen ökologischen Umbau zu fokussieren (...)

1. Wir sollten wieder mehr auf die Wissenschaft und Expertinnen und Experten hören! Während der Corona-Krise beraten Ärzte und Ärztinnen, Mathematikerinnen und Mathematiker, Virologen und Virologinnen die Politik, damit dort die wichtigen und richtigen Schritte zu unserem Schutz gesetzt werden können. Klimaexpertinnen und -experten unterschiedlichster Disziplinen warnen schon seit Jahrzehnten vor den Auswirkungen der Erderwärmung. Die Politik muss unbedingt die Wissenschaft auch beim Klimaschutz ernst nehmen und dementsprechend rasch handeln.

2. Corona lehrt uns, was das wichtigste Mittel der Krisenbekämpfung ist: präventiv denken, frühzeitig handeln - und zwar nicht erst, wenn man mittendrin steckt und selbst drastische Maßnahmen zu spät kommen. Man braucht einen konkreten, nachvollziehbaren Plan, um durch die Krise zu kommen. Mit klaren Zielvorstellungen und Zwischenetappen. Im Fall der Klimakrise sind das klare Pläne zur Anpassung, exakte Treibhausgas-Reduktionsziele und Umsetzungspläne mit Maßnahmen, die mit dem nötigen Budget versehen sind.

3. Regionale Produktion und Versorgung sind essenziell. Globale Abhängigkeiten für Produkte zur Aufrechterhaltung des Lebens sollten auf ein Minimum reduziert werden. Deshalb einen noch viel stärkeren Fokus auf regionale Lebensmittel, Ausbau der europäischen Produktion in essenziellen Versorgungsbereichen, auf den Aufbau einer regionalen Bioökonomie und regionale, erneuerbare Energien statt Kohle, Öl und Gas aus Drittländern! Das reduziert Schadstoffe und fördert die heimische Wirtschaft.

4. In einer Krise sind verantwortungsvolles, seriöses und kompetentes politisches Leadership sowie klare, transparente Kommunikation zentral. Wenn Menschen dem politischen Leadership vertrauen, dann werden von der Bevölkerung auch einschneidende Maßnahmen unterstützt. In der Klimakrise macht das die Politik bis jetzt noch nicht, obwohl es hier nicht um drastische Schock- Maßnahmen geht, sondern um einen schrittweisen, aber konsequenten Umbau.

Und noch eine Gemeinsamkeit könnten diese beiden Krisen haben: Wir können sie gemeinsam solidarisch lösen. Die Regierung nimmt jetzt zu Recht sehr viel Geld in die Hand, um die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus abzufedern. Diese Milliarden sollen natürlich rasch helfen und unbürokratisch für die Bevölkerung und Wirtschaft zur Verfügung stehen. Betriebe müssen erhalten und Arbeitsplätze gesichert werden. Nach der akuten Corona-Krise ist der einzig verantwortungsvolle Weg, sich auf einen ökologischen Umbau zu fokussieren und Investitionen in die richtige Richtung zu lenken - in Richtung Nachhaltigkeit!

Das Gebot der Vorsorge, das unsere Regierung in dieser aktuellen Krise richtigerweise als oberste Priorität definiert hat, muss zur Konsequenz haben, dass in der Post-Corona-Zeit in innovative grüne Technologie investiert, auf saubere Energie umgestiegen und die Öffentlichkeit dazu gebracht werden muss, ihre täglichen Gewohnheiten und ihren Lebensstil langfristig zu ändern.

Denn wenn wir das Klima und die Umwelt schützen, dann schützen wir uns selbst und unser aller Gesundheit. Die Natur überlebt Krisen, das hat die Evolution oft bewiesen. Die für uns spannende Frage dabei ist: Sind wir dann noch da?

Monika Langthaler ist Direktorin von „The Schwarzenegger Climate Initiative“, die jedes Jahr unter anderem den AUSTRIAN WORLD SUMMIT in Wien veranstaltet, dieses Jahr am 17. September 2020.