Ami goes home
In der Tiefe unseres Herzens haben wir ja schon immer gewusst, dass diese Amis nicht nur ein bisschen dämlich sind – sondern auch keine Guten. Und jetzt haben wir endgültig den Beweis. Für beides. Sie sind dämlich, weil sie schon zum zweiten Mal zulassen, dass ein lächerlicher Popanz wie in einer völlig aus den Fugen geratenen Reality-TV-Show vom Schirm herabsteigt und den Präsidenten der globalen Supermacht spielen darf. Und sie sind keine Guten, weil sie nicht bedenken, was das verdammt noch mal für uns bedeutet!! Weil jetzt kommt dieser Horrorclown doch einfach daher und erklärt im Wesentlichen, dass er uns Europäer nicht mehr länger vor Putin beschützen will. Nur für den Fall, dass der irgendwelche Idee haben sollte. Und manchmal hat er ja bekanntlich gute. Und Trump verlangt jetzt, dass wir uns gefälligst selbst darum kümmern sollen.
Es war doch irgendwie … ausgemacht, dass unsere einzige Waffe, mit der wir der Welt entgegentreten, der stets locker sitzende, erhobene Zeigefinger zu sein braucht.
Wenn das nicht der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt, was dann? Über vieles von dem, was Trump so treibt, hätten wir ja mit einiger Mühe hinwegsehen können und uns denken: Gut, betrifft ja nur die Amis. Selber schuld! Aber jetzt? Das kann er uns doch nicht antun, dieser Unmensch! Müssen wir jetzt vielleicht aufrüsten? Denkt der nicht daran, was das kostet? Und was uns das für friedensbewegte Krämpfe verursachen wird? Unsere Schwerter sind Pflugscharen! Und nicht einmal die haben wir mehr! Der Kerl kann doch nicht einfach hergehen und das ungeschriebene Gesetz brechen, dass Europa keine militärische Großmacht zu sein braucht – solange es eine moralische ist!
Es war doch irgendwie … ausgemacht, dass unsere einzige Waffe, mit der wir der Welt entgegentreten, der stets locker sitzende, erhobene Zeigefinger zu sein braucht – weil wir ja wissen, dass Uncle Sam ohnehin mit seinem locker sitzenden Colt hinter uns steht. Europa hat immer nur das Gute exportiert, hat feministische Außenpolitik und Lieferkettengesetze erfunden, war niemals darum verlegen, dem Rest der Welt zu erklären, wie die Dinge zu laufen haben, damit die Welt besser wird. Aber wir waren auch da – typisch für uns – unbestechlich und unbeugsam: Der Onkel blieb von unserem Zeigefinger keineswegs verschont. Dem konnten wir gar nicht genug vorhalten, was er angerichtet hat in der Welt. Und damit meinten wir beileibe nicht nur Kentucky Fried Chicken und Unterbrecherwerbung, oh nein!
Es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als so zu reagieren, wie es Europa immer tut, wenn es ein Problem hat: geeint und rasch!
Manche Ältere erinnern sich ja noch daran, dass uns die Amis im Krieg befreit und danach wieder aufgepäppelt haben. Aber das ist lange her. Und vielleicht, dass sie dann im Kalten Krieg dafür gesorgt haben, dass der Eiserne Vorhang nicht noch ein Stück weiter westlich aufgehängt wird. Aber das ist auch lange her. Und es war zugegeben schon auch recht angenehm, dass sie dann dageblieben sind und dem Putin weiter auf die Finger geschaut haben. Bis jetzt halt … Aber sonst? Was haben wir von den Amerikanern sonst gehabt?
Und ist es angesichts dieser dürftigen Bilanz also wirklich zu viel verlangt, wenn sie bei uns ein paar von ihren Atomraketen stehen lassen, die den Wladimir böse anschauen? Trump, der Erbe, will ja immer so ein toller Geschäftsmann sein – also geht es ums Geld. Okay, soll sein. Aber selbst wenn man es nur unter dem finanziellen Aspekt sieht, fragt man sich halt als mathematisch begabterer Europäer schon, wo eigentlich das Problem ist. Wenn man, wie die USA, weder eine annähernd so gute öffentliche Infrastruktur noch ein annähernd so sicheres Sozialsystem wie wir Europäer hat, dann kann man mit dem freien Geld doch bitte leicht eine riesige Armee unterhalten – mit der man dann wiederum uns beschützen kann!
Aber da Trump selbst für diese Milchmädchenrechnung zu doof ist, wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als so darauf zu reagieren, wie es Europa immer tut, wenn es ein Problem hat: geeint und rasch! Es war in der EU ja noch nie ein Problem, Einigkeit herzustellen – also wird es gerade jetzt angesichts der Größe und Dringlichkeit ein Leichtes sein.
Sollte es wider Erwarten doch länger dauern, muss das aber auch nicht unbedingt ein Beinbruch sein – zumindest nicht in finanzieller Hinsicht. Denn in ein paar Jahren, wenn in Europa überall Trumps patriotische Freunde mithilfe seiner Tech-Prätorianer an die Macht gekommen sind, stellt sich die ganze Frage ja nicht mehr. Dann brauchen wir uns gegen Wladimir nicht mehr zu verteidigen. Der ist dann schließlich nicht mehr nur der Freund von Karl Schranz und Christoph Leitl, sondern von uns allen! Und er wird garantiert voll lieb zu uns sein. Daran hat Herbert Kickl nicht den geringsten Zweifel.